Unter dem trendigen „Zeitenwende“-Vorwand einer behaupteten Bedrohung im Ostseeraum durch Russland und den 100 Milliarden „Sondervermögen“ im Rücken, setzt die deutsche Marine – ganz im Sinne der Ampel-Bundesregierung – ihre schon seit Jahren forcierte Aufrüstung fort, nun auch zusammen mit dem schwedischen Rüstungskonzern SAAB.
SAABs Sparte Naval Systems soll zusammen mit der Lemwerder Werft Abeking & Rasmussen und ESG (Elektroniksystem- und Logistik-GmbH) vier Fregatten der Deutschen Marine mit neuer Technik ausrüsten (Foto: Die Emden“ – Klasse 130 – im Hamburger Hafen 2022). Die Emden wurde auf der HWD Werft in Hamburg zwar fertiggestellt, aber wegen IT-Problemen (Hackeranfälligkeit) wird ihre Einsatzfähigkeit noch zwei Jahre auf sich warten lassen müssen. Neben dem Standort in Wilhelmshaven will SAAB nun auch eine Dependance in Bremen am alten Neustädter Güterbahnhof aufbauen, mit lauthals versprochenen 100 Arbeitsplätzen. Bremens Senat und seine Wirtschaftssenatorin Vogt freuen sich über die Ansiedlung. Dabei gäbe es so viele sinnvolle Produkte und Dienstleistungen im Kita-, Bildungs- und Gesundheits- und Wohnungsbereich, wie auch in der maroden Bremer Infrastruktur, für die das Know-How der Beschäftigen weitaus besser eingesetzt werden könnte.
Ekkehard Lentz (aufstehen Bremen und Bremer Friedensforum) kommentiert auf Twitter: „Orientiert sich der Senat nicht [mehr] an den globalen Nachhaltigkeitszielen der UN, Frieden und Gerechtigkeit zu wahren? Offensichtlich besteht kein Interesse an einem Abbau der Rüstungsproduktion und an einer restriktiven Rüstungsexportpolitik. Wirtschaftssenatorin Vogt gehörte vor zwölf Jahren zu den Herausgeberinnen des Buches „Rüstungsstandort Bremen“, in dem die regionale Rüstungsbranche kritisch unter die Lupe genommen wurde. [Download: Broschüre „Rüstungsstandor an der Weser“] Kriege beginnen hier. Offensichtlich alles vergessen…“
Im Hintergrund spielten sich vor Jahren (2014) allerdings schon heftigste Konflikte zwischen deutschen und schwedischen Marinekonzernen ab. Thyssen Krupp Marine Systems musste auf Anweisung aus Stockholm seine damals gerade erworbenen Schiffbautöchter an den drei Standorten Malmö, Karlskrona und Muskö, mit zuletzt rund 900 Beschäftigten, an den Rüstungskonzern Saab AB abverkaufen. Schwedens nationale Interessen wäre bedroht, hieß es.
Die Rüstungssparte von Thyssen Krupp könnte demnächst abgespalten werden, berichtete NTV am 9.4.2023: „Marine Systems ist ein Juwel – das bei Thyssenkrupp bisher allerdings etwas unter Wert lief“, sagte Burkhard der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS). Auftragsbücher und Produktionshallen seien gut gefüllt. Bei der angestrebten Verselbständigung von Marine Systems sind nach seinen Worten unterschiedliche Szenarien denkbar. Als Beispiel nannte Burkhard einen Spin-off. In dem Fall würden die Aktionäre von Thyssenkrupp Anteile an einem neuen, werthaltigen Unternehmen bekommen. Die grüne Transformation der Stahlsparte benötige immense Ressourcen, führte Burkhard aus. Zugleich brauche Marine Systems Wachstumsinvestitionen. Alles gleichzeitig gehe nicht.“
Bei der Aufrüstung der K 130 Korvetten geht es auch um die Lieferung und Einbau der von SAAB und der Rüstungsfirma DIEHL zusammen geplanten „Mark-3-Version des schweren Seezielflugkörpers“.
Die Marinebranche brummt, dank des 100 Milliardenprogramms der Bundesregierung. Anfang Mai 2023 fand eine große Unterwasser-Marinerüstungsmesse in Rostock statt, die «Undersea Defence Technology» (UDT). Veranstalter war die Firma Clarion Defence and Security. 70 Aussteller kamen: Rheinmetall, Atlas Elektronik, Thyssenkrupp Marine Systems, Saab Technology, Hensoldt, Rolls-Royce Solutions, Kongsberg, Damen Naval, Babcock und viele mehr. In Radio Nordseewelle hieß es dazu: „Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hat die europäische Sicherheitsarchitektur erschüttert. Die Welt sei seit dem Frühjahr 2022 nicht stabiler geworden, sagt Jon Pentreath, Senior Marine-Berater bei Clarion Defence and Security und Royal-Navy-Konteradmiral in Ruhestand. Auch wenn der Krieg in der Ukraine vor allem an Land geführt werde, dürfe die maritime Flanke nicht vergessen werden. Die Wege über das Schwarze Meer seien wichtig für die Lebensmittelversorgung und müssten offen gehalten werden. Der deutsche Konteradmiral und Stabschef des Marinekommandos in Rostock, Axel Deertz, geht in seiner Keynote auch auf die Anschläge östlich der Insel Bornholm auf die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 von Russland nach Deutschland im September vergangenen Jahres ein. Der Schutz strategisch wichtiger Infrastrukturen auf See wie Pipelines, IT-Kabel, Offshore-Windparks oder Erdöl- und Erdgasplattformen sei von «erheblicher Bedeutung».
… Keine 200 Meter entfernt von der UDT herrscht eine ganz andere Stimmung. Dort sind weder Männer in Uniformen noch Anzugträger mit Krawatte oder Damen im Hosenanzug anzutreffen. «Bundeswehr abschaffen», «Stoppt den Waffenhandel» und «Smash Patriarchy» (Patriarchat zerschlagen) steht auf den Schildern des Protestcamps mit acht kleinen und einigen größeren Zelten. 15 Aktivisten der Initiative «UDT entwaffnen» sind dort versammelt. Sie wollen der aus ihrer Sicht «maritimen Kriegsvorbereitung» in der Messehalle ein Konzept friedlicher Konfliktlösungen entgegenstellen.“