AK-Nahost-Hintergründe 24-12-18

Seit 14 Monaten sterben jeden Tag in Gaza Menschen durch das gnadenlose israelische Bombardement und unsere Medien berichten davon nicht mehr. Israel beschleunigt die ethnische Säuberung, den illegalen Siedlungsbau und Landraub in der Westbank und Ostjerusalem, und übt auch dort beispiellose Repression aus. Während die Menschen in Gaza langsam zugrunde gehen, jegliche Hoffnung und Lebenskraft verlieren, zerstört das israelische Militär weiter Spitäler, Häuser, in denen Familien zu überleben trachten, Schulen, in denen Vertriebene Zuflucht suchen – und erhält weiterhin Waffen und Unterstützung aus USA, Deutschland und anderen Ländern.

2. „Die anhaltende Hölle für Gazas Bevölkerung darf nicht vergessen werden! Ein sehr lesenswerter und aufschlussreicher Beitrag von Annette Groth https://www.nachdenkseiten.de/?p=126055#foot_8
Auszüge: „Ungerührt verfolgt die israelische Regierung ihre Pläne für Gaza weiter, wie sie General Giora Eiland Anfang Oktober enthüllte. Demzufolge sollen Teile des Gazastreifens abgezäunte Lager werden, bewacht und verwaltet von einer privaten Söldnerfirma, der vom israelischen Geschäftsmann Mordechai Kahana geführten US-Firma Global Delivery Company (GDC).“
Scharfe Kritik an dem UNRWA-Verbot äußert Abdel Shafi, Botschafter Palästinas in Österreich und bei den internationalen Organisationen in Wien: „Die Abstimmung der israelischen Knesset gegen die UNRWA ist beispiellos und stellt einen gefährlichen Präzedenzfall dar. Diese Entscheidung widerspricht klar der UN-Charta. Dies stellt nicht nur einen Schritt gegen das palästinensische Volk, sondern auch gegen Völkerrecht und die Weltgemeinschaft dar. Eine angemessene Reaktion darauf kann nur der Ausschluss Israels von den Vereinten Nationen sein. Denn ein Staat, der eine UN-Organisation als Terrororganisation diffamiert und verbietet sowie den UN-Generalsekretär als Persona non grata bezeichnet und ihm die Einreise verweigert, hat seinen Platz bei den Vereinten Nationen ein für alle Mal verwirkt.“
Einen internationalen Eklat provozierte Außenministerin Baerbock, als sie in einer Rede vor dem Bundestag sagte, dass zivile Einrichtungen in Gaza „ihren Schutzstatus verlieren könnten“. Daraufhin forderte die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese, die Außenministerin auf, Beweise für ihre Behauptung vorzulegen, dass sich Hamas-Kämpfer in Schulen oder in anderen zivilen Einrichtungen verstecken. Bis heute blieb das Außenministerium eine Antwort schuldig. 300 Akademiker protestierten gegen Baerbocks Rede und forderten sie in einem Brief auf, ihre „Schutzstatus“-Erklärung zurückzuziehen. In dem von der Palestine Academic Group initiierten Brief kritisieren sie, dass Baerbock „Israels altes Narrativ des menschlichen Schutzschildes nachplappern“ würde und eine „fadenscheinige Rechtfertigung für die völkermörderische Kampagne gegen palästinensische Zivilisten“ lieferte.

3. Mit offenen Daten – Westjordanland: die Hügel der Gewalt.  Ein ausgezeichneter Bericht auf ARTE über die Westbank zeigt Landraub, Siedlergewalt und deren Unterstützung durch die israelische Regierung. (20 Min.) https://www.arte.tv/de/videos/118582-001-A/mit-offenen-daten/

4. Mondoweiss am 13.12. Israel besetzt mit Zustimmung der USA weiteres syrisches Land

Israel occupies more Syrian land with U.S. approval


Israelische Streitkräfte sind weiter in den syrischen Golan vorgedrungen und haben ganze Städte zur Evakuierung gezwungen. Während Netanjahu die seiner Meinung nach „ewige“ israelische Präsenz in Syrien feierte, beharren US-Beamte darauf, dass Israels Besetzung syrischer Gebiete „vorübergehend“ ist.Die israelischen Streitkräfte setzten ihre Offensive innerhalb Syriens fort, die nach dem Sturz des Regimes von Bashar Al-Assad am vergangenen Sonntag begonnen hatte. Die israelischen Truppen durchbrachen die 1974 eingerichtete entmilitarisierte Pufferzone zwischen dem von Syrien gehaltenen und dem von Israel besetzten syrischen Gebiet auf dem Golan und besetzten neue Stellungen auf den Golanhöhen und auf dem Berg Al-Sheikh. Zu den neuen Vorstößen Israels gehörte Berichten zufolge die Besetzung von neun syrischen Städten auf dem Golan, wo die israelischen Streitkräfte die Bewohner zwangen, ihre Häuser zu verlassen und tiefer nach Syrien zu ziehen. Israelische Panzer rückten weiter vor und drangen bis zu 18 Kilometer ins Innere Syriens vor, wobei sie sich der internationalen Autobahn Damaskus-Beirut näherten, die nicht weiter als 23 Kilometer von der syrischen Hauptstadt entfernt ist.
Unterdessen flogen israelische Kampfflugzeuge nach Angaben der israelischen Armee mindestens 300 Luftangriffe auf syrische Militärstellungen, darunter Luftabwehranlagen, Radaranlagen, Raketenstellungen und Waffenlager. Israel bombardierte auch das öffentliche syrische wissenschaftliche Forschungszentrum in den Außenbezirken von Damaskus.
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Der UN-Sprecher Stephan Dujarric erklärte, dass das Vorgehen Israels einen Verstoß gegen das 1974 zwischen Syrien und Israel nach dem Krieg von 1973 unterzeichnete Abkommen über den Rückzug der Streitkräfte darstellt. Dujarric sagte, dass die UN-Friedenstruppen an drei Standorten auf dem Golan präsent sind und dort bleiben werden.

5. Neuer Bericht von Airwars: Analyse der zivilen Opfer in Gaza. Die israelische Regierung hat immer wieder behauptet, dass das Ausmaß der zivilen Opfer im Gazastreifen im Großen und Ganzen mit anderen derartigen Konflikten der letzten Jahrzehnte vergleichbar – wenn nicht sogar besser – sei, einschließlich der von den USA geführten Bombenkampagne gegen den Islamischen Staat im Irak und in Syrien. Dem widersprechen die Analysen von Airwars vehement, mehr noch: Der Schaden für die Zivilbevölkerung im ersten Monat der israelischen Angriffe im Gazastreifen ist nach allen Maßstäben mit keiner anderen Angriffswelle aus der Luft im 21. Jahrhundert vergleichbar. Es ist der bei weitem intensivste, zerstörerischste und für die Zivilbevölkerung tödlichste Konflikt, den Airwars je dokumentiert hat.

  • Im Oktober 2023 wurden in 25 Tagen mindestens 5 139 ZivilistInnen in Gaza getötet. Das sind fast viermal mehr ZivilistInnen, die in einem einzigen Monat getötet wurden, als in jedem anderen Konflikt, den Airwars seit seiner Gründung im Jahr 2014 dokumentiert hat.
  • Allein im Oktober 2023 dokumentierte Airwars mindestens 65 Vorfälle, bei denen mindestens 20 ZivilistInnen getötet wurden. Dies ist fast das Dreifache der Anzahl solcher Vorfälle mit hoher Todesrate, die Airwars in anderen vergleichbaren Zeiträumen dokumentiert hat.
  • Im Laufe von 25 Tagen registrierte Airwars mindestens 1 900 Kinder, die durch israelische Militäraktionen in Gaza getötet wurden. Das ist fast siebenmal so viel wie der tödlichste Monat für Kinder [in einem anderen Konflikt, Anm.], der bisher von Airwars erfasst wurde.
  • Familien wurden in einer noch nie dagewesenen Zahl gemeinsam getötet, und zwar in ihren Wohnhäusern. Mehr als neun von zehn Frauen und Kindern wurden in Wohngebäuden getötet. In mehr als 95 Prozent aller Fälle, in denen eine Frau getötet wurde, wurde auch mindestens ein Kind getötet.
  • Wenn ZivilistInnen zusammen mit Familienmitgliedern getötet wurden, waren es im Durchschnitt mindestens 15 Familienmitglieder. Dies ist mehr als in jedem anderen von Airwars dokumentierten Konflikt.
    (Vollständiger Bericht mit Statistiken in englischer Sprache: https://gaza-patterns-harm.airwars.org/#findings)

6. Was 65 Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter in Gaza sahen
Urs P. Gasche / 16.12.2024   «Ich behandelte 13 Kinder, denen in den Kopf oder in die Brust geschossen wurde. Die meisten starben.» „«Ich hatte in der Ukraine und in Haiti als Freiwilliger gearbeitet. Ich habe in Konfliktgebieten gearbeitet. Aber von allem, was ich bei der Arbeit in Gaza erlebte, hat mich eines besonders getroffen: Fast jeden Tag sah ich ein neues Kind, dem in den Kopf oder die Brust geschossen worden war. In 14 Tagen insgesamt 13.»

Was 65 Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter in Gaza sahen

7.  Mondoweiss am 18.12.: Was geschieht in Jenin? Die Operation der PA zur Niederschlagung des palästinensischen Widerstands
Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) befindet sich mitten in einer tödlichen Operation, mit der sie nach eigenen Angaben „Recht und Ordnung“ im Flüchtlingslager Jenin, dem Sitz der Jenin-Brigade, wiederherstellen will. Da die Palästinensische Autonomiebehörde jedoch versucht, ihre Kontrolle durchzusetzen, läuft sie Gefahr, sich dabei selbst zu untergraben.
Die Palästinensische Autonomiebehörde setzte am Dienstag den vierten Tag in Folge ihre Militäroperation im Flüchtlingslager Dschenin fort und geriet dabei mit örtlichen palästinensischen Widerstandskämpfern aneinander. Bei der am vergangenen Samstag begonnenen Operation wurden bisher zwei Palästinenser getötet, ein Junge und ein Kämpfer der Jenin-Brigade, der lokalen Widerstandsgruppe in Jenin, der von den israelischen Streitkräften gesucht wurde. Mehrere palästinensische Sicherheitsbeamte wurden ebenfalls verletzt.
Die Spannungen zwischen den Kämpfern von Jenin und den palästinensischen Sicherheitskräften hatten sich seit letzter Woche aufgebaut, als die Kämpfer von Jenin aus Protest gegen eine Welle von Verhaftungen ihrer Mitglieder durch palästinensische Sicherheitskräfte zwei Fahrzeuge der palästinensischen Polizei anhielten und diese beschlagnahmten. Die palästinensischen Sicherheitskräfte riegelten daraufhin das Flüchtlingslager ab, was zu einem Ausbruch von Zusammenstößen zwischen beiden Seiten führte.

What is happening in Jenin?: The PA’s operation to crackdown on Palestinian resistance

8. Informationen der palästinensischen Botschaft in Wien (martha.tonsern@palestinemission.at)
„Gestern, am 12. Dezember 2024, wurde der einzig im Norden von Gaza verbliebene orthopädische Chirurg, Dr. Saeed Joudah, von der israelischen Armee getötet. Er pendelte in einem Ambulanzfahrzeug zwischen den Krankenhäusern Kamal Adwan und Al Awda, um PatientInnen zu versorgen. In einem Interview mit Al-Jazeera berichtete der Fahrer des Krankenwagens, der Dr. Joudah begleitete, dass der Arzt durch einen Kopfschuss getötet wurde, während sie auf dem Weg ins Al-Awda-Krankenhaus waren“.

„Ebenfalls gestern wurde Kareem Jaradat, Krankenpfleger im Kamal Adwan Krankenhaus, auf dem Weg zur Arbeit von einer Drohne vor dem Krankenhaus getötet.“

„Uns fehlen mittlerweile die Worte, um die Situation in Gaza zu beschreiben. Unsere KollegInnen vor Ort berichten von einer postapokalyptischen Umgebung. Die Menschen leben inmitten von Müll, Abwasser und Trümmern und sind tagtäglich mit Tod, Hunger und Krankheit konfrontiert.“   Philippe Lazzarini, Dezember 2024

Im zweiten übersetzten Beitrag von The Guardian geht es um den kürzlich erschienen Bericht von War Child Alliance über die Traumatisierung der Kinder in Gaza. Nach letzten Untersuchungen haben fast alle Kinder – 96% – das Gefühl, dass ihr Tod unmittelbar bevorsteht, fast die Hälfte – 49% — der befragten Kinder wünschen sich den Tod. An dieser Stelle sei an die Worte der norwegischen Kinderpsychologin und Trauma Expertin Katrin Glatz Brubakk erinnert, die als Mitarbeiterin von Ärzte ohne Grenzen im August 2024 in Gaza auf medizinischer Hilfsmission war und in einem Interview mit der Berliner Zeitung am 14. November 2024 sagte:

„Die Kinder in Gaza schreien auf eine Art, die ich nie gehört habe und die ich nie vergessen werde. In diesem Schreien liegt Todesangst. Sie sind dann nicht erreichbar und lassen sich nur sehr schwer beruhigen. Dieses Schreien zu hören, ist furchtbar schmerzhaft. Diese Kinder hören auf zu spielen, sie hören auf zu lernen. Sie entwickeln sich nicht mehr.“

(Originalbeitrag in englischer Sprache: https://www.theguardian.com/world/2024/dec/11/death-feels-imminent-for-96-of-children-in-gaza-study-finds)

9. Ein neuer Bericht von B’Tselem zeigt: Israelische Soldaten misshandeln systematisch PalästinenserInnen in Hebron

(Originalbeitrag in englischer Sprache: https://www.972mag.com/israeli-soldier-abuse-hebron-palestinians-btselem/)

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