Wir dokumentieren hier eine Rede, gehalten auf der Palestina-Solidaritätsdemo am 21.6.2024 in Bremen:
Es ist der 235. Tag nach dem 07. Oktober, und das Sterben geht weiter. Vor zwei Wochen, am Samstag, den 08.06.2024 hat die israelische Armee bei einem Großeinsatz im Flüchtlingsviertel Nuseirat 4 Geiseln befreit. Die Geiselbefreiung wurde weltweit gefeiert. Was wenig Erwähnung fand und nur nach und nach an die Öffentlichkeit kam, ist, dass bei dem Einsatz 274 Palästinenser von der israelischen Armee getötet worden sind.
Unter den Getöteten waren auch mindestens 64 Kinder.
Das Leben von 274 Palästinenser für die Freiheit von 4 Geiseln. Das Leben von 64 Kindern für die Freiheit von 4 Geiseln. Und es bestand vor dem Angriff keine akute Bedrohung für das Leben dieser vier Geiseln.
Diese Zahlen zeigen deutlich mit welch Unterschiedlichen Maß der Wert eines Lebens in den westlichen Ländern gemessen wird.
Am Goetheplatz hängt am Theater ein Plakat von Hersch Goldberg-Polin. Hersch Goldberg-Polin ist eine der Geiseln vom 07. Oktober. Ich habe in den letzten Tagen einige Artikel über ihn gelesen. Er scheint ein netter junger Mann zu sein. Er spielt Fußball und hat laut diesen Artikeln mit einer Initiative zusammengearbeitet, die versuchte mit Fußball israelische und palästinensische Kinder zusammenzubringen. Seine Eltern haben eine Initiative für seine Befreiung gestartet. Er scheint noch am Leben zu sein und ich wünsche ihm und seinen Eltern sehr, dass sie sich bald wiedersehen.
Aber ich frage mich, wo sind die Bilder für die palästinensischen Kinder?
Unter den Opfern bei der Geiselbefreiung war der vierjährige Tafwiq. Tafwig war das letzte Kind von Saher, die erst im März zwei ihrer Töchter bei einem israelischen Angriff verloren hat. Ich bin mir sicher, dass Tafwig auch gerne Fußball gespielt hat.
Was ist mit den zahlreichen palästinensischen Kindern, die in israelischen Gefängnissen sitzen? Wo sind die Bilder für diese Kinder? Stattdessen gehen die Angriffe auf die Palästinasolidarität in den westlichen Ländern und in der Bundesrepublik weiter.
Vor einigen Wochen hetzte die BILD-Zeitung unter der Überschrift – ZITAT – „Der harte Kern der Israel der Israel-Hasser“ – ZITAT ENDE- gegen Organisatoren von Pro-Palästina-Demos in Berlin. Unter Missachtung der Persönlichkeitsrechte, mit Foto und vollem Namen werden Menschen an den Pranger gestellt, weil sie ihre verfassungsmäßigen Rechte wahrnehmen und von dem Recht ihre Meinung zu äußern Gebrauch machen. Die Vorwürfe: man habe Israel auf Instagram fast täglich Völkermord vorgeworfen, Parolen ins Megafon geschrien oder ist als Redner aufgefallen. Einem jüdischen Aktivist wird vorgehalten, dass ihn nicht stört, dass er – ZITAT – „selbst Jude ist und aus der israelischen Stadt Haifa kommt“ – ZITAT ENDE.
Das ist Antisemitismus! Wenn die BILD-Zeitung sich daran stört, dass jemand als Jude sich kritisch zu Israel verhält und gegen diesen Staat protestiert und zu verstehen gibt, dass Juden das nicht dürfen, ist dies Antisemitismus!
Sind dies unsere vielbeschworenen Werte? Ist dies die so hoch gelobte Meinungsfreiheit? Man darf alles sagen, was man will, aber dann kommt die BILD-Zeitung und sorgt dafür, dass man keine Karriere mehr hat und keinen Job mehr kriegt.
Wir scheinen in einer verkehrten Welt zu leben. Nicht diejenigen werden geschützt, die sich für gleiche Rechte für alle einsetzen und die Meinung vertreten, dass sich alle an dieses Recht halten müssen, sondern diejenigen, die Unterschiede zwischen Menschen machen, Hass und Zweitracht sähen und der Meinung sind, dass sie sich über internationales Recht hinwegsetzen können.
Wenn es in Israel Straßen gibt, die nur von Juden benutzt werden dürfen, ist dies Apartheid. Wenn Menschen vertrieben werden und Siedlungen gebaut werden, wo vorher palästinensische Dörfer standen, ist dies Kolonialismus. Wenn palästinensische Leben weniger zählen als israelische, ist dies Rassismus.
Wir haben eine ganze Propagandamaschine gegen uns. Die Regierungen, die Medien, ein ganzer Apparat arbeitet gegen uns. Aber wir haben eine mächtige Waffe in diesem Propagandakrieg, die wir in die Waagschale werfen können:
Wir haben die Wahrheit auf unserer Seite.
