Sanktionen und einseitige Zwangsmaßnahmen

Auswirkungen und völkerrechtliche Grenzen

Als Beilage zu „Wissenschaft und Frieden“ (W&F) erschien 2/2024 die 36 Seiten umfassende Broschüre der AG Sanktionen der IALANA – Vereinigung für „Friedensrecht“ in Zusammenarbeit mit der Informationsstelle Wissenschaft und Frieden e.V. (IWIF)

Unter welchen Bedingungen sind Sanktionen völkerrechtskonform und wann verstoßen selbst vom Sicherheitsrat der UN verhängte Sanktionen gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht?

Gerhard Baisch (im Vorstand von IALANA) und Heiner Fechner (Co-Vorsitzender von IALANA) zeichnen die „Entwicklungslinien der Verankerung von Sanktionen im internationalen System“ nach. Die vom UN-Sicherheitsrat verhängten umfassenden Boykottmaßnahmen gegen den Irak hatten dermaßen katastrophale Folgen für die dortige Zivilbevölkerung, dass der Fokus der UN-Debatten über UN-Sanktionen sich zunehmend auf die Aspekte der Einhaltung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts verschob.

Mehrere Beiträge der Broschüre widmen sich den „einseitigen Zwangsmaßnahmen“ (EZM). Damit werden Maßnahmen beschrieben, die ein Staat oder ein Verbund von Staaten gegen einen anderen Staat verhängt, um ihn zu einer Verhaltensänderung zu zwingen. Immer wenn Staaten sanktioniert werden, wird in die Souveränität und das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Staaten eingegriffen. Darauf verweist auch die Resolution über die Grundlagen des Friedens (UN-GA 290/IV), in der jeder Staat aufgefordert wird, “sich jeder direkten oder indirekten Drohung oder Handlung zu enthalten, die darauf abzielt, die Freiheit, Unabhängigkeit oder Unversehrtheit eines Staates zu beeinträchtigen oder zivile Unruhen zu schüren…“

Dass der globale Süden Hauptbetroffener von Wirtschaftssanktionen ist, muss nicht näher erklärt werden. Wie sollte auch z.B. Syrien gegen die USA wirksame Sanktionen verhängen können? Einseitige Zwangsmaßnahmen sind oft eine Fortsetzung kolonialer Verhältnisse. Ein Artikel über die Sanktionen gegenüber dem Irak erinnert an die 1,5 Millionen Toten als Opfer der Sanktionen. Weitere Beiträge befassen sich mit den einseitigen Zwangsmaßnahmen gegenüber Cuba und Venezuela und verweisen auf die mörderischen Konsequenzen von Sanktionen, wenn die Einfuhr lebensnotwendiger Medikamente und Medizingeräte verhindert wird. Grotesk wird das Ganze, wenn die US-Regierung unter Obama eine „Executive Order“ erlässt, in der festgestellt wird, dass das innenpolitische Handeln der venezolanischen Regierung eine „ungewöhnliche(n) und außerordentliche(n) Gefahr für die nationale Sicherheit und Außenpolitik“ der USA sei.

Zuletzt sei auf den Beitrag von Helmut Lohrer (Dr. med., International Councillor der dt. Sektion der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges – Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW)) verwiesen: „Sanktionen: Kein Mittel friedlicher Politik“ . Um Frieden, Menschenrechte und Demokratie gehe es bei Sanktionen in der Regel nur vordergründig. Sie sind immer asymmetrische Instrumente, hauptsächlich leiden müsste darunter die Zivilbevölkerung.