Liebe Kriegsuntüchtige

Collage: R. Bauer

Liebe Kriegsuntüchtige!

Ich möchte mit gutem Beispiel vorangehen und mich auf den Russen vorbereiten. Jung und alt muss ertüchtigt werden. Falls der Russe bei mir auftaucht, habe ich vier Flaschen Wodka an der Tür und bei Kälte auch einen Karton mit Fellmützen. Zusätzlich habe ich mir von Herrn Zuckerberg noch die Übersetzer-App-Russki-Alemanski downgeloaded. Im Bundeswehrshop für Outdoorbedarf bin ich kleidungsmäßig fündig geworden und habe mich auf Flecktarn und Olivgrün in der Farbe eingestellt. Sollte ein Angriff in der Pauliner Marsch

oder in den Wümmewiesen stattfinden, bin ich quasi unsichtbar. Einen Kohlestift und Riedgras hilft bei der Kopftarnung, so hoffe ich. Einen Kochtopf baue ich gerade um zum Helm. Auch bei Autos, dessen Bleche mittlerweile von Rheinmetall stammen, um die Arbeitsplätze bei VW etc. zu sichern, hat man sich prima auf Flecktarnfarben eingestellt. Beim Herumfahren merke ich schon, dass mir mehr Respekt und Achtung im Verkehr geschenkt wird. Ich könnte ja im kriegstüchtigen Einsatz sein oder einfach nur meine kreative Wehrübung machen. Für die Parkplatzsuche nehme ich den Jeep Explorer und zur Verteidigung desselben meinen Defender. (Hat mir Kamerad Andreas Rebers empfohlen.) Aus den Handbüchern der uniformierten berufsfreiwilligen Kämpfer entnehme ich, dass es gut ist, wenn auch zuhause eine kriegstüchtige Vorbereitung vorhanden ist. So habe ich organisiert, dass meine Frau, die Kinder und die Katze für mindestens 3 Tage aus Dosen versorgt werden. Den Keller habe ich zum Bunker umbauen lassen wie einst der Kamerad Gerhard Polt. (Lehrfilm dazu auf youtube, s.u.)

Darin sind die wichtigsten Überlebensutensilien schon aufgeführt. Allerdings habe ich eine Schildkröte, die ich dann rausschicken würde, ob die Luft rein ist. Und einen Kanarienvogel, falls der Bunker zu wenig Sauerstoff hat. Bei Atom sagt man dann wohl unverstrahlt. Die Lüftungsanlage ist bei uns mobil, das heißt bei einem Alarm können wir dieses Klimagerät schnell in den Kellerbunker bringen. Den Garten habe ich angefangen, umzugestalten. Vorn einen Schützengraben zur Vorwärtsverteidigung, hinten einen zur Rückwärtsverteidigung. Und ausgebildet bin ich eh am G3, an der Panzerfaust, habe auch als Stabsdienstsoldat und Kraftfahrer C gedient. Schießübungen auf Pappkameraden „auf der großen Höhe“ bei Delmenhorst und in der Kaserne Adelheide haben mich zu einem kriegstüchtigen Veteranen heranreifen lassen, auf den sich meine Regierungen verlassen können. Ja, wir haben auch Fehler gemacht: In der sogenannten „Infantriegefechtsausbildungsstunde“ hatten wir einen General zu Besuch, der uns genau inspizierte und fragte, was wir denn im Schützengraben tun würden mit unserem Gewehr, wenn der Feind (,damals der Rote Russe,) mit Panzern auf uns zurollte. Wir drei Gefreite (jung gefreit, nie gereut) hatten drei Lösungsvorschläge: Der Erste würde flüchten, aber ganz schnell. Der Zweite würde sich ganz tief eingraben, unsichtbar werden. Und ich als Dritter wollte meine Olivgrüne Unterhose an das Gewehr binden und mich ergeben. Darauf ging der General an die Decke und schrie uns und den armen Ausbilder an: „Wir hätten mit unseren Gewehren schießen und die Panzer aufhalten müssen.“ Warum? Damit die Generäle und der sogenannte Stab hinten sich in Sicherheit bringen konnten. Heute leuchtet mir das total ein, denn was würde ein Krieg ohne solche Führung bringen? Nur Niederlagen. Politiker und Generäle würden das für uns schon machen, wenn man sie denn lässt.

Für unsere Sicherheit kann auch einmal Armut erduldet werden. Oder brauchen wir unbedingt Schulen? Geht es nicht auch ohne diese Bequemlichkeit. Schon Pfarrer Gaugk hatte doch für den Winter ohne das Gas aus Russland schon den Pullover empfohlen, den auch er trägt. Wegen Sicherheit könnte ich locker auch auf Butter verzichten.

Heute sähe ein Weltkrieg doch ganz anders aus als früher. Moderner, schneller, effektiver, die Parole heißt doch überall Optimierung. Das sehen wir ja in allen laufenden Konflikten. Mit hoher Intelligenz und viel toller, neuer Ausstattung geht es Tag für Tag vorwärts. Ich bin dann für alle Fälle gerüstet. Übrigens mein Auto heißt Torro, der Stier, der Taurus. Ich bin einfach stolz, kriegstüchtig zu sein und wünsche euch dasselbe. Seid oder werdet tüchtig! Frei nach Orwell: Krieg ist Frieden!

Kommentar zu “Liebe Kriegsuntüchtige

  1. Sehr schön!! Die Absurdität der ganzen Kriegstüchtigkeit wird deutlich und vielleicht kommt der eine oder andere Kopf nochmal ins Denken und Fühlen. Sehr gut auch die Collage von Rudolph!!

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