Wir dokumentieren die Rede einer Vertreter:in der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ (Link), gehalten am 24.5.2025 auf der Mahnwache für einen gerechten Frieden in Bremen
Mahnwache für einen gerechten Frieden
24.05.2025
Bremen, Domshof
Ich bin hier einfach als eine US-amerikanische Jüdin, die in Bremen lebt, und die es kaum ertragen kann, die Nachrichten zu lesen. Über anderthalb Jahre gibt es unvorstellbares Elend, indem die israelische Armee ganze Städte zerstört, ganze Familien tötet, Menschen in ihren Unterkünften bei lebendigem Leib verbrennt, Krankenhäuser, Wohnhäuser, Universitäten ins Visier nimmt, Journalisten und ihre Familien zur Zielscheibe macht. In den letzten 20 Monaten hat das israelische Militär 60, 70, 80, 90, 100.000 Menschen in Gaza getötet – wir wissen noch nicht, wie viele – und unzählige weitere verletzt. Millionen von Menschen sind seit Monaten ohne Nahrung, Berichten zufolge stehen 14.000 Babys unmittelbar vor dem Hungertod. Seit einigen Tagen gibt’s Hilfsversprechen – Versprechen von erbarmungslos unzureichenden Hilfslieferungen, die trotzdem nie oder kaum eintreffen. In Deutschland gibt es kaum anderes als Schweigen. Die Regierung setzt ihre freundlichen diplomatischen Besuche fort, schüttelt Kriegsverbrechern die Hand und erklärt sich wieder einmal blind und stur auf der Seite Israels.
Als Jüdin bin ich empört, dass der Staat Israel vorgibt, ihre Gräueltaten in meinem Namen zu begehen, zu meiner Sicherheit und zur Sicherheit der Jüdinnen und Juden weltweit und dass Deutschland diese Lüge unhinterfragt akzeptiert. Zusammen mit Tausenden von Jüd*innen auf der ganzen Welt lehne ich den absoluten Trugschluss ab, dass unsere Sicherheit in irgendeiner Weise durch die Ermordung, Vertreibung und Unterwerfung der palästinensischen Bevölkerung gewährleistet ist.
Aber in Deutschland akzeptiert man diesen Trugschluss nicht nur, in Deutschland wird diese Lüge ad absurdum geführt. Sollte ich als Jüdin in Deutschland glauben, dass meine Verachtung der genozidalen Verbrechen Israels antisemitisch ist? Ausgerechnet in Deutschland gilt der Ausdruck meiner jüdischen Werte anscheinend als antisemitisch. Als Jüdin bin ich hier, um zu sagen, dass unabhängig davon, was Deutschland vorschreiben will, das Judentum und der Statt Israel nicht dasselbe sind und nie waren, dass Opposition gegen der Statt Israel bzw. Zionismus nicht in sich antisemitisch ist und dass jüdisches Leben nicht durch die Gleichsetzung von jüdischen Menschen mit dem Staat Israel oder mit Zionismus geschützt wird.
Aber die Hauptsache ist, dass in Deutschland diese Lüge als Waffe eingesetzt wird, um Palästinenser*innen und alle, die sich mit ihnen solidarisieren, zum Schweigen zu bringen, zu bedrohen, zu verhaften und abzuschieben. Diese Lüge wird instrumentalisiert, um die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit einseitig einzuschränken, wenn diese Meinung um Palästina geht, und um die Versammlungsfreiheit zu bedrohen, wenn die Versammlung um Palästina handelt. Als Jüdin in Deutschland bin ich hier, um die einfachste Wahrheit zu verkünden, dass palästinensisches Leben nicht weniger schützenswert ist als jüdisches Leben. Ich dachte in Deutschland, „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Wie denn? Wo bleibt der Aufschrei für die Würde, für die unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte von Millionen von palästinensischen Kindern, Frauen, und Männern die vom israelischen Staat ausgehungert, ermordet und vertrieben werden, mit Deutschlands Unterstützung? Als Jüdin in Deutschland bin ich ehrlich gesagt sprachlos über dieses Grauen; ich fordere das deutsche Volk auf, diese genozidalen Gräueltaten als das zu sehen, was sie sind, unsere Verantwortung gegenüber dem internationalen Völkerrecht anzuerkennen und endlich zu verstehen, was es wirklich bedeutet, „nie wieder“ zu sagen.