Die Peinlichkeit der Bremer Uni – Leitung ist kaum zu überbieten: mit dem Argument, es drohten im Zusammenhang mit dem Vortrag der jüdischen Psychoanalytikerin Iris Hefets verfassungsfeindliche Äußerungen, verbietet die Uni – Rektorin Prof. Dr. Jutta Günther ebendiese Veranstaltung an der Bremer Uni.
Zum Glück gibt es Zivilcourage, die dagegen protestiert – wir dokumentieren den Brief der Professorin Sabine Broeck an die Rektorin der Universität Bremen:
Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Günther,
mit größter Bestürzung, mit noch größerem Unverständnis und unfassbarer innerer Verzweiflung habe ich heute von dem Ihrerseits ausgesprochenen Verbot der Raumnutzung für eine Veranstaltung mit der Psychoanalytikerin Iris Hefets erfahren.
Wie Sie leicht aus einschlägigen Quellen erfahren können, ist Frau Hefets, eine jüdische israelische Therapeutin, eine in dem internationalen Berufstand der PsychoanalytikerInnen sehr angesehene Spezialistin für Traumaforschung und Holocaust-Erinnerung. Sie ist in verschiedenen Foren öffentlich aufgetreten und hat wissenschaftlich sowie auch für das deutsche Feuilleton publiziert, nur zum Beispiel in der Berliner Zeitung, in einem Essay im Jahr 2021. Sie gehört ebenfalls dem Verein Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V. an, einer demokratisch arbeitenden Gruppierung, die für ihre Arbeit 2019 den Göttinger Friedenspreis erhielt.
Dass ausgerechnet diese Gruppierung nun vom deutschen Verfassungsschutz als „gesichert extremistisch“ eingestuft worden ist, ist – wie auch der allseits mit Wohlwollen empfangene Gastvortrag des Kollegen Prof. Michaels in der letzten Woche beschrieb – an ethischer Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten. Es ist genau einer dieser vielen von Prof. Michaels beschriebenen Fälle, in denen die deutsche Staatsraison zum Recht erklärt wird, und damit der Verfolgung politischer Interessen des Staates dienen soll – für deren Durchsetzung, wie Prof. Michaels unter allgemeinem Beifall ausführte, dann das tatsächlich existierende Recht von der Staatsraison gebeugt und überschrieben wird.
Ich verstehe persönlich wirklich nicht, und das möchte ich Ihnen so direkt als Kollegin sagen, wie Sie nach diesem Vortrag solch ein Verbot aussprechen können?!
Dass der Verfassungsschutz diese Einstufung vornimmt, stellt diese Entscheidung eines Staatsorgans in eine Reihe faschistischer Vorläuferfälle, vor deren Wiederkehr ja gerade die Universität Bremen seit einigen Wochen öffentlich warnt; es wird mit dieser Einstufung die öffentliche Diskussion der Kritik seitens der Jüdischen Stimme auch im wissenschaftlichen Rahmen unterbunden – was der Wissenschaftsfreiheit auch an unserer Universität extremst schadet.
Dass Sie mit Ihrer Entscheidung sich vorauseilend loyal zu einem deutschen Staatsorgan verhalten, das einer jüdischen Intellektuellen, und der Organisation, für die sie sich engagiert, den öffentlichen Raum für eine Diskussion ihrer Arbeit entzieht und diese kriminalisiert, ist nicht nur in höchstem Maße – für ein deutsches Rektorat in einer Zeit des erstarkenden Faschismus – geradezu moralisch degoutant; es ist auch direkt antisemitisch. Auch dies wurde ja in dem angesprochenen Vortrag von Prof. Michaels ausführlich beschrieben: wie der Eifer des selbsternannten Anti-Antisemitismus deutscher Staatsorgane und Institutionen selbst wiederum zu antisemitischen Handlungen führt.
Aus den genannten Gründen möchte ich Sie dringend bitten, Ihre Entscheidung zu revidieren – solange es noch Zeit ist, für einen ethischen Standard, und die Unabhängigkeit der Universität gegenüber der Staatsraison einzutreten.
Sollte diese Entscheidung nicht zurückgenommen werden, hat sich die Universität in ihrem Anspruch auf die Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit und des freien Austausches von Perspektiven, für den wir zuständig sind, öffentlich desavouiert.
Ich würde mich über eine Antwort freuen, denn ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass die Universität Bremen sich so leichtfertig dem Druck der Staatsraison beugen möchte.
In Erwartung einer baldmöglichsten Antwort bin ich
mit freundlichen Grüßen
Sabine Broeck (Unterschrift)