„Der blinde Fleck deutscher Rüstungspolitik“

Das Handelsblatt berichtet am 1.9.2025:

„Vierzehnmal hintereinander feuert die israelische Armee aus dem Meer auf das Gebäude am Küstengebiet des Gazastreifens. Die Einschläge reißen Teile der Fassade heraus, Trümmerstücke fliegen umher. Die Aufnahmen stammen von einem Kriegsschiff aus deutscher Produktion – einer Saar-6-Korvette, gebaut in Kiel von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS). Mit den Videos und Pressemitteilungen begrüßen die Israel Defense Forces (IDF) im Dezember 2023 die Lieferung der vierten Saar-6-Korvette aus Deutschland.“

Der Artikel beleuchtet die enge rüstungspolitische und wirtschaftliche Verflechtung zwischen Deutschland und Israel, insbesondere bei Marineprojekten wie U-Booten der Dolphin-Klasse und Saar-6-Korvetten. Diese Waffen werden im Gazakrieg eingesetzt, wodurch die politische Kontrolle über deutsche Rüstungsexporte stark infrage gestellt wird.

Obwohl die Bundesregierung offiziell eine restriktive Exportpraxis verfolgt, erlaubt sie im Fall Israels Ausnahmen unter Verweis auf die „deutsche Staatsräson“. Wirtschaftlich sind die milliardenschweren Aufträge für ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) zentral, zugleich bergen sie erhebliche Reputationsrisiken.

Trotz eines von Kanzler Merz 2025 angekündigten Exportstopps für „in Gaza einsetzbare“ Waffen werden weiterhin U-Boote geliefert, deren Einsatz sich faktisch nicht einschränken lässt. Kritisiert wird die mangelnde Transparenz der Genehmigungen, die oft scheibchenweise erfolgen und kaum kontrollierbar sind.

Hinzu kommen Korruptionsvorwürfe rund um frühere Aufträge, in die auch israelische Spitzenpolitiker verwickelt sein sollen. Zwar verweist TKMS auf rechtliche Prüfungen ohne Befund, dennoch bleibt politischer Druck bestehen.

Völkerrechtlich ist Deutschland durch den Waffenhandelsvertrag verpflichtet, keine Waffen in Konfliktgebiete zu liefern, in denen ein „überwiegendes Risiko“ für Kriegsverbrechen besteht. Rechtsexperten halten es angesichts der Lage in Gaza für kaum vertretbar, sich allein auf israelische Zusicherungen zu berufen. Genau hier sieht der Artikel den „blinden Fleck“ deutscher Rüstungspolitik: eine fehlende wirksame Kontrolle über den tatsächlichen Einsatz deutscher Rüstungsgüter.

(Handelsblatt Insight, 1.9.2025 Link)

Hinweis: Leser:innen der Stadtbibliothek Bremen können u.a. das Handelsblatt auch online lesen – https://stabi-hb.de/ bzw. https://www.onleihe.de/bremen/

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