Am 8. November fand in Bremen eine Demo gegen Kriegsdienst statt. Das Besondere: aufgerufen hatte ein breites Bündnis von ‚gestandenen‘ bis zu sehr jungen Organisationen.
Wir dokumentieren zwei der zahlreichen Reden, ohne damit eine Wertung vorzunehmen.
Zunächst die Rede von Sebastian Rave, der für die LAG Frieden und Antimilitarismus der LINKEN sprach, darunter die Rede von Wilfried Meyer vom Bremer Friedensforum:
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen.
Ich bin Seba und ich spreche für die Landesarbeitsgemeinschaft Frieden und Antimilitarismus der LINKEN.
Wir haben uns vor einigen Jahren gegründet, weil wir nicht einverstanden damit waren, dass die einzige Antwort auf den Krieg in der Ukraine eine weltweite Aufrüstungsspirale und massenhafte Waffenlieferungen in Kriegsgebiete sein sollte. Auch in unserer eigene Partei, der Linken, gab es leider immer wieder Stimmen, die sich an der Kriegshysterie beteiligt haben. Gerade hier, wo die Linke mit regiert, werden antimilitaristische Grundsätze unserer Partei immer wieder hinterfragt und Entscheidungen getroffen, die wir nicht mittragen können.
Eine antimilitaristische Haltung darf für eine linke Partei nicht verhandelbar sein. Deshalb akzeptieren wir keine Kapitulation vor den Verhältnissen und vor angeblichen Sachzwängen, sondern kämpfen in unserer Partei für ein starkes friedenspolitisches Profil.
Denn es braucht eine starke linke Partei im Kampf um eine friedliche Welt.
Es braucht eine starke Stimme, die angebliche Selbstverständlichkeiten hinterfragt:
Denn es ist kein Naturgesetz, dass Großmächte miteinander konkurrieren, sich gegenseitig zur Aufrüstung zwingen, und die Welt ihrer Herrschaft unterordnen wollen.
Es ist kein Naturgesetz, dass Kapital über die Grenzen seines Nationalstaats hinauswächst, und mit dem Kapital in anderen Nationalstaaten zusammenstößt.
Es ist die innere Logik einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung, die immer wieder zu immer brutaleren Kriegen geführt hat. Aber diese Gesellschaftsordnung selbst ist. Kein. Naturgesetz.
Und natürlich widersprechen wir der Behauptung, dass nur die andere Seite (wahlweise im Osten oder auf der anderen Seite des großen Teichs) imperialistisch sei, und ein „starkes Europa“ die Antwort darauf sein soll.
Die angebliche friedfertigkeit und liberalität Europas ist eine Lüge.
Die Jahrzehnte relativen Friedens in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg waren eine Ausnahme des kapitalistischen Normalzustands.
Die Systemkonkurrenz mit der Sowjetunion hatte dazu geführt, dass kapitalistische Mächte zusammenrückten.
Die Wende gab dem Kapital dann neues Futter, sich in einer noch-nicht-kapitalistischen Umgebung auszubreiten — eine unabdingbare Notwendigkeit kapitalistischem Wachstums.
Nach Jahren der neoliberalen Globalisierung sehen wir deshalb jetzt das Comeback des Nationalstaats, von dichten Grenzen, Zöllen und immer größeren Armeen, die sich gegenüber stehen.
Über hundert Jahre nach Rosa Luxemburg stellt sich ihre Frage erneut: Sozialimus oder Barbarei?
Die Aufteilung der Welt zwischen den Großmächten ist heute größtenteils abgeschlossen, eine Neuaufteilung ist erneut nur militärisch möglich. Deshalb bereiten die Herrschenden den Krieg vor, und zum Krieg brauchen sie vor allem eins:
Menschenmaterial.
Menschenmaterial, das an die Front geworfen werden soll, um die Frage zu entscheiden, welche Konzerne die Rohstoffe und Menschen einer Region ausbeuten dürfen.
Welche Supermarktketten den Menschen Waren verkaufen können.
Oder schlicht, welche Farben die Nationalfahne hat, dieses Symbol für Macht und Einfluss des Staates, das über den Armeestützpunkten, Flughäfen und Staatsgebäuden weht.
Um diese Fragen zu entscheiden, werden Menschen an die Front geschickt, die sich nicht kennen, die nichts trennt außer ihrer Sprache (und manchmal nicht mal die), die im Alltagsleben mehr miteinander gemeinsam haben als mit ihren reichen Chefs, mit ihren Befehlshabern, mit ihren Ministern.
Diejenigen, die den Krieg wollen, aber selbst nicht hingehen, versuchen diejenigen, die kein Interesse am Krieg haben, aber am Ende an der Front stehen, vielleicht zunächst freiwillig davon zu überzeugen.
Es ist auf der ganzen Welt das gleiche:
Sie erzählen, dass man bei der Armee Karriere machen kann, studieren kann, sie rekrutieren die Armen und Perspektivlosen und reden von Freiwilligkeit.
Sie erzählen, dass die Armee ein Abenteuer ist.
Sie erzählen, dass es notwendig ist, unsere Freiheit zu verteidigen.
Sie erzählen, dass der Gegner sich schon auf den Krieg vorbereitet, weswegen man sich selbst jetzt auf den Krieg vorbereiten muss.
Und wenn sie merken, dass keine Begeisterung aufkommt, die Freiwilligkeit nicht mehr ausreicht, die Leute keine Lust auf tödlichen Abenteuerurlaub an der Front haben und von den Vorzügen „unserer Freiheit“ nicht überzeugt sind, weil es die Freiheit ist, jeden Tag viel zu lang zu arbeiten für viel zu wenig Geld und magere Unterstützung zu bekommen wenn das nicht möglich ist.
Wenn die Freiwilligkeit nicht ausreicht, wird die Freiwilligkeit eben eingeschränkt.
Es gehe nicht anders.
Jetzt müssten alle ran.
Und so wird dann eine ganze Gesellschaft darauf vorbereitet, dass sich bald wieder die jungen Leute an der Front gegenüber stehen sollen, im Tarnanzug und mit Gewehr, eingegraben und frierend.
Weit weg donnert die Artillierie, über ihnen surren die Drohnen, die jederzeit ein Leben beenden können, die Träume von Familie, einem Haus mit Garten, von einem besseren Leben, mit einem Schlag ausgelöscht. Ein Millionenfaches Schicksal im Namen des Friedens und der Freiheit.
Nicht mit uns!
Die Herren dieser Welt wollen den Krieg, weil ihnen ihre Macht noch nicht ausreicht.
Und weil die, die im Krieg sterben, sich ihrer potenziellen Macht nicht bewusst sind, gehen die Kriege weiter.
Nach unserer Auffassung ist die Aufgabe einer Linken Partei nicht, von der Notwendigkeit von Waffenlieferungen zu sprechen, weil das alle sagen, im Gegenteil.
Es ist auch nicht die Aufgabe einer Linken Partei, einem Sondervermögen für Aufrüstung zuzustimmen, weil man sich ein paar Brotkrumen für die eigene Landeskasse davon erhofft.
Die Aufgabe einer Linken Partei ist, die potenzielle Macht von denen zu bündeln, die für die Kriege der Mächtigen und Reichen sterben sollen, die die Waffen schmieden, aber auch die, die Verwundete und Kranke versorgen, die Züge und LKWs fahren, die auf die Kinder aufpassen und sie lehren, die die Häuser und Straßen bauen, die Webseiten programmieren oder an der Supermarkt-Kasse sitzen.
Der Krieg wird unmöglich, wenn die Gesellschaft ihn verweigert.
Das hier ist der Anfang davon. Und wir werden nicht müde werden.
Wir sind nicht bereit, diesem System unsere Kinder, unsere Freunde, oder uns selbst zu opfern.
Nein zur Wehrpflicht!
Nein zur Aufrüstung!
Nein zur Kriegshetze!
Ja zum Frieden!
Ja zur internationalen Solidarität!
Ja zum Sturz der Kriegstreiber, hier und anderswo, durch die arbeitenden Menschen selbst!
Und hier die Rede von Wilfried Meyer vom Bremer Friedensforum:
WOZU sind Kriege da?
Das ist keine Frage. Sie werden und wurden immer geführt aus Interessen, die nicht unsere sind. Verbrämt durch hehre schwülstige Begriffe wie Freiheit und Verteidigung unserer Werte oder eine sogenannte Regelbasierte Ordnung des Westens.
Erster Weltkrieg, zweiter Weltkrieg, Irak, Vietnam, Afghanistan, Jugoslawien, Ukraine, Gaza, wem hat das alles nicht genützt? UNS, der Bevölkerung. Aber immer wurde von Wenigen daran viel verdient. Links die Leichen, rechts die Reichen.
Die Gründung der Bundeswehr 1956 von Nazis, der Feind war immer im Osten.
„Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg. Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land“. So der Nazi Hermann Göring
Auch wenn manche glauben mögen, ein Krieg, der Tod, die Verstümmelungen und Traumata betreffen uns nicht. Doch ! Sehr wahrscheinlich trifft es nicht die, die ihn angezettelt haben, aber diejenigen, die an die Front geschickt werden und als Kanonenfutter verheizt werden.
Aus meiner Geschichte:
1.
Mein Großvater war mit zwei Pferden, die eine Kanone zogen in Verdun. Er hat überlebt. Mein Vater war in Belgien und ist als die Amis kamen in den Fluss gesprungen, er kam in Gefangenschaft, hat überlebt. Aber 6 Brüder seiner Mutter, also meiner Oma, sind in Russland getötet worden, weil Deutschland Russland überfallen hat. Meine andere Oma flüchtete mit den Kindern aus dem Sudetenland, ja vor Russland, welches von Deutschland überfallen wurde und das Russland mit 27 Millionen Toten bezahlen musste. 6 Millionen Deutsche waren tot. Städte und Dörfer verbrannt zu Schutt und Asche. Und jetzt will die Elite wieder „die stärkste Armee“ werden?
Ich war in New York am sogenannten Ehrenmal für die US-Soldaten des Vietnamkrieges. Erschütternde Briefausschnitte, von jungen Soldaten, die ihren Eltern nicht beschreiben konnten, was sie erlebt haben.
Wer sich und seinen Angehörigen diese Traumata, diese Verletzungen ersparen will, der kann nicht in Kriege ziehen. Was haben uns die Menschen , auf die wir schießen müssten, getan? Wir kennen sie nicht. Morden auf Verlangen? Dazu ausgebildet werden und das auch noch gut finden? Bitte nicht. Auch wenn ein Dienst als Abenteuer und Outdoorurlaub von der Armee beworben wird, das ist eine Lüge. Wir reden von Töten, Sterben, Verstümmeln und Leiden.
2.
Ich war bei der Bundeswehr als Schütze Arsch. Ich verweigerte, verlor die erste Instanz und bin dann hingegangen, um zu sehen, was dort läuft. Befehl und Gehorsam. Jeder sogenannte Dienstgrad kann euch die unsinnigsten Befehle geben. Erst Recht an der Front. Es gibt nichts Freiwilliges. Uns wurde in der Gefechtsausbildung von einem hohen General mitgeteilt, dass wir an der Front im Schützengraben auf uns zurollende Panzer mit dem Gewehr aufzuhalten hätten. Damals absurd, heute bei Sateliten und Drohnen noch absurder. Die Menschen werden auf Knopfdruck vernichtet, reines Kanonenfutter.
3.
Alle momentanen schwachsinnigen Vorschläge, sich kriegstüchtig zu machen, sich Vorräte anzulegen, Krankenhäuser und Schulen auf Krieg vorzubereiten, sind Pläne von Wahnsinnigen und Kriegsgewinnlern. Nach einem Atomkrieg wird nichts bleiben, die Lebenden werden die Toten beneiden.
Wer glaubt, Artikel 20 des Grundgesetzes „ Deutschland ist eine Demokratie und ein Sozialstaat“ wird heute noch beachtet, der muss sich die Pläne der Militarisierung, deren irrsinnige Kosten zum Schaden des Sozialstaats einmal genau ansehen. Auch Infrastrukturgeld geht massenhaft in die Rüstung.
Beispiel Artikel des WK von Donnerstag: S-H will 140 Millionen des Sondervermögens für Infrastruktur in die Häfen investieren. So Günter, der MP, beim deutsch finnischen Hafentag. Im Bereich der Sicherheit von Finnland lernen. „Finnland hat die …längste Landesgrenze mit Russland. Finnland hat deshalb seine Verteidigungsbereitschaft immer hochgehalten und plan seine Verteidigungsausgaben noch einmal deutlich zu erhöhen.“ Das zeigt, wohin das Geld gehen wird. Auf keinen Fall in den Sozialstaat, der es bitter nötig hätte. Macht euch keine Illusionen.
Waffen gegen den Krieg ist wie Schnaps gegen Alkoholismus!
Wir werden die Kriegsvorbereitung nicht mitmachen. Soldaten sind Mörder in Uniform!
Ich möchte meine Kinder und Enkel nicht sterben oder töten sehen!
Wir sagen NEIN zu Zwangsdiensten und Rekrutierungen! Kein Wehrdienst!
Verweigert und gründet Komitees gegen die Wehrpflicht!
Wir unterstützen jeden und jede, die desertiert oder verweigert!
Kriege sind nie eine Lösung, Frieden durch Krieg und Aufrüstung sind Lüge!
Wir wünschen Frieden zwischen den Völkern.