Gedenken am 8. und 9. Mai in Bremen an den Gräbern sowjetischer Kriegsopfer

In Bremen wurde am 8. und 9. Mai 2024 an zwei Tagen und an zwei Orten der vielen Opfer aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion gedacht, die während des Zweiten Weltkrieges hier umgekommen und hier begraben worden sind. Warum finden die Gedenkstunden an zwei Tagen statt? Da es zum Zeitpunkt der deutschen Kapitulation in Berlin-Karlshorst 23 Uhr war und in Moskau schon der neue Tag angebrochen war, wird in Deutschland der Tag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai und in der Sowjetunion bzw. seinen Nachfolgestaaten der Tag des Sieges am 9. Mai begangen.

Schweigeminute an der Reitbrake zu Ehren des 8. Mai 1945

Am Mahnmal an der Reitbrake in Bremen-Oslebshausen versammelten sich am 8. Mai 2024 zahlreiche Freundinnen und Freunde des Friedens und der Völkerverständigung, um den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg zu begehen.Mit einer Kranzniederlegung und einer Schweigeminute am Mahnmal wurde zugleich der sowjetischen Kriegsgefangenen gedacht, die als Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Bremen geschunden wurden. Hunderte haben die Tortur nicht überlebt. Das Mahnmal an der Reitbrake erinnert an das Schicksal dieser Menschen und verweist auf den so genannten „Russenfriedhof“ an diesem Ort. Erneut forderten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung vom Bremer Senat, an der Reitbrake einen würdigen Ort des Erinnerns und Gedenkens zu Ehren der toten sowjetischen Menschen zu gestalten. Zur Gedenkveranstaltung hatten der Verein Deutsch_Russische Friedens_Tage Bremen, das Bremer Friedensforums, die „Bürgerinitiative Oslebshausen und umzu“ sowie die VVN-BdA Bremen aufgerufen.

Empörendes zum 8. Mai 2024
Horst Otto vom Verein Deutsch_Russische Friedens_Tage informierte darüber, dass auf den Gedenkveranstaltungen zum 8. Mai 1945 in diesem Jahr ein empörender Schatten liege. Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit spiele sich Ungeheuerliches ab: Diplomaten der Russischen Föderation werden vom Gedenken ausgesperrt! Wörtlich sagte Otto: „Einer Medieninformation der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin ist zu entnehmen, dass Anfang April 2024 Mitteilungen der Verwaltungen der Gedenkstätten der ehemaligen Nazi-Konzentrationslager Buchenwald, Mittelbau-Dora, Sachsenhausen und Ravensbrück eingegangen sind. Darin wird mitgeteilt, dass die Teilnahme offizieller Vertreter Russlands an den Gedenkveranstaltungen anlässlich des 79. Jahrestages der Befreiung der Häftlinge dieser «Todesfabriken» – der Nazi-Konzentrationslager – unerwünscht ist.“ Und weiter: „Die Mitglieder des Verein Deutsch_Russische Friedens_Tage sind besorgt: Nachdem sich Deutsche und Russen über den Gräbern der Kriegsopfer so oft friedlich die Hände gereicht haben, soll nun die alte Feindschaft wieder aufleben?“ Im Verlauf seiner Rede ging Horst Otto auch auf die dramatische Entwicklung ein, die sich in der geschichtsvergessenen Politik der Bundesregierung vom „Nie wieder“ hin zur „Kriegstüchtigkeit“ mit all ihren Gefahren für den Frieden in Europa widerspiegelt. Das Manuskript der Rede finden Sie hier.

Weitere Wortbeiträge und spontaner Gesang
Weitere Informationen zum Stand der Entwicklung einer würdigen Gedenkstätte an der Reitbrake wurden von Bernd Brejla von der „Bürgerinitiative Oslebshausen und umzu“ vorgestellt. Ulrich Stuwe sprach für die VVN-BdA Bremen. Er hob die besondere Rolle der sowjetischen Soldatinnen und Soldaten für die Befreiung von Faschismus und Krieg hervor.
Zugleich verwies er auf die zahlreichen Toten es Zweiten Weltkrieges als Mahnung für heute, den Frieden zu bewahren.
Vladimiros Papadopoulos hatte seine Gitarre dabei und stimmte russischsprachige Lieder zur Feier des Tages an. Zahlreiche Gäste stimmten in den Gesang ein.
Text: Horst Otto


Gedenken am 9. Mai auf dem Osterholzer Friedhof

Seit mehreren Jahren begeht der Verein „Deutsch-Russischen Friedenstage Bremen e.V.“ zusammen mit anderen Organisationen sowie mit Vertretern und Vertreterinnen der russischsprachigen Community in Bremen den 9. Mai als den Tag des Sieges über den deutschen Faschismus an den Gräbern sowjetischer Zwangsarbeiter auf dem Osterholzer Friedhof in Bremen.Zahlreich hatten sich Bremer Bewohnerinnen und Bewohner eingefunden, mehr als in den Vorjahren. Auch eine Delegation der Botschaft der Russischen Föderation war von Berlin nach Bremen angereist, um einen Kranz niederzulegen. Die Vertreterin Swetlana Junkejewa sprach sich für gute Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland aus und hob lobend die Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten im Bereich der Pfleger der Gräber der Gefallenen im Zweiten Weltkrieg hervor.

Wolfgang Müller, Vorsitzender des Vereins „„Deutsch-Russischen Friedenstage Bremen e.V.“ begrüßte zu Anfang alle Anwesenden, insbesondere die Delegation der Russischen Botschaft.

Anschließend sprach Pastor i.R. Hartmut Drewes. Er beklagte in Deutschland die Verdrängung und Unterschlagung der Tatsache, dass die Sowjetunion die größten Opfer für die Befreiung Deutschlands und die Beendigung des Zweiten Weltkriegs gebracht habe. Stattdessen führe die Bundeswehr im Rahmen der NATO große Manöver bis an die Grenzen Russlands durch. Andererseits gab Drewes seiner Freude darüber zum Ausdruck, dass die Veranstaltungen der Deutsch-Russischen Friedenstage seit ihrem Bestehen großes Interesse und starke Beteiligung zu verzeichnen hätten. Das mache deutlich, dass viele Menschen in unserem Land für ein friedliches Miteinander mit dem russischen Volk seien.Jürgen Borchert sein Gedicht „Memorandum für alle Deutschen die für Krieg werben und für solche die sich werben lassen“ vor.

Jürgen Borchert trug sein Gedicht Gedicht „Memorandum für alle Deutschen die für Krieg werben und für solche die sich werben lassen“ vor.

Zum Schluss gab Irene Baumann in Deutsch und Russisch zu bedenken, dass durch die Opfer der Sowjetunion die russische Kultur und die russische Sprache erhalten geblieben sind.

Für russische Musik sorgte durch Gesang mit Gitarrenbegleitung Vladimir Papadopoulos, und er wurde von mehreren Anwesenden gesanglich unterstützt.
Hartumut Drewes


Das Video vermittelt Eindrücke von den Reden und von der Athmosphäre von den beiden Veranstaltungen am 8. Mai am Mahnmal an der Reitbrake und am 9. Mai auf dem Gräberfeld des Osterholzer Friedhofs. Video: Marlies und Sönke Hundt