Am 7. Juni 2024 war Birgit Mahnkopf (B.M.) zu Gast beim Bremer Friedensforum. Birgit Mahnkopf, Professorin i.R. für Europäische Gesellschaftspolitik an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin, sprach zum Thema: „Der Krieg gegen den Planeten geht in seine letzte Runde – und wird befeuert durch militärische Konflikte und eine Reihe von Quasi-Kriegen“.
An dem gut besuchten Abend stellte sie die Folgen des fossilen Industriekapitalismus für unser Klima und das gesamte Ökosystem dar. Seit 2023 gäbe es in jedem Monat Hitzerekorde. In diesem April seien in Südasien über 45 Grad Celsius und mehr gemessen worden, und in Griechenland seien im Juni mehrere Touristen aufgrund der extremen Hitze auf Wanderungen gestorben.
Das 1,5-Grad-Ziel werde nicht einzuhalten sein. Schon bei einer Erwärmung von 2 Grad seien die Konsequenzen:
- Vertreibung von Menschen, deren Heimat unbewohnbar geworden ist
- Verlust des Amazonasregenwaldes
- Abschmelzen der Polkappen
- Auftauen der Permafrostböden
- Verlust von Wäldern
- Flutschäden in Küstenstädten
- verstärktes Artensterben mit unübersehbaren Folgen für den Fortgang der Evolution, nicht nur in menschlich begreifbarer Zeitdimension
- und viele weitere Konsequenzen, die spätestens unsere Kinder, Enkel und Urenkel betreffen würden.
Die Ursachen seien bekannt, aber eine Ursachenbekämpfung finde nicht statt, im Gegenteil. Seit 2022 werde massiv in Öl und Gas investiert. Die reinsten „Klimabomben“ (B.M.) würden produziert. Die größten US-Ölkonzerne hätten in der Regierungszeit von Joe Biden Rekordgewinne eingefahren.
Eine Möglichkeit zur Finanzierung der Klimaanpassung des Globalen Südens wäre die Gewinnbesteuerung der Ölkonzerne von 5% pro Tonne CO2 pro Jahr. Das brächte bis 2030 etwa 900 Milliarden Dollar (Greenpeace u.a.). Solche Maßnahmen stünden jedoch in weiter Ferne; nach wie vor machten die Konzerne des Westens im Globalen Süden große Gewinne, oft unter weiterer Zerstörung der Lebensbedingungen dort. Oxfam plädiere einmal mehr für einen Schuldenerlass für die Länder des Globalen Südens, wo durch Umweltzerstörung und kriegerische Auseinandersetzungen riesige Landflächen für den Menschen unbewohnbar geworden seien. Fluchtbewegungen seien eine Folge davon. Klimagerechtigkeit sei für viele Menschen im industrialisierten Norden noch ein Fremdwort.
Seit Beginn des Ukrainekrieges würden wir mit LNG-Gas „beglückt“, viele Investitionen flössen in Öl- und Gasprojekte. Die Subventionen für fossile Energieträger seien in der EU so hoch wie nie, dazu komme der erneute Ausbau der Atomenergie. Kohle werde vermehrt aus Südamerika importiert. Kriege und der Wiederaufbau nach den Kriegen trügen erheblich zur Klimakatastrophe bei.
Birgit Mahnkopf benannte
- 10 heiße Kriege (allen voran Ukraine, Israel und Gaza)
- Stellvertreterkriege (Afghanistan, Syrien)
- Schattenkriege (Israel-Iran)
- Bürgerkriege und gewalttätige Auseinandersetzungen innerhalb gescheiterter Staaten (z.B. Haiti)
- Wirtschaftskriege, Energiekriege, Chipkriege, Subventionskriege
- Kriege um Öl, den Preis des Öls, Krieg um Nahrungsmittel (preise), Hunger als Vernichtungswaffe (Gaza)
In vielen Konflikten gehe die Zivilität verloren: Allen voran Gaza, Kongo, Sudan, Tschad usw.
Gegenwärtig sehen wir laut B.M. eine Verschiebung von der „Globalisierung hin zur geopolitischen Konfrontation.“ Auch eine Form der „Zeitenwende“: Wir erlebten eine Geopolitik wie zum Ende des 19. Jahrhunderts: Zunehmend militärische Interventionen, Welthandel zu Regeln und Normen des Westens, Ausbeutung der Ressourcen des Globalen Südens.
Die Länder des Globalen Südens seien zunehmend nicht mehr gewillt, diese Ausbeutung ihrer Länder hinzunehmen. Verurteilt würde, dass z.B. die USA nach der Flutkatastrophe in Pakistan zwar 43 Milliarden Dollar als Hilfe zusagten, aber 22 Milliarden als Kredit gewährt wurden.
Vor allem die Staaten des Westens existierten auf der Grundlage des fossilen Kapitalismus, dessen Voraussetzungen seien u.a.: Billiges Wasser, billige Rohstoffe und Metalle, die Möglichkeit, billige Lebensmittel zu produzieren. Die Staaten des Globalen Südens stimmten in der UNO nicht mehr selbstverständlich mit dem Westen, sie hätten sich z.B. in den BRICS-Staaten organisiert und stellten ihrerseits eine wachsende wirtschaftliche und politische Macht dar.
Fazit: Wir alle werden so nicht weiterleben können, in keinem Falle aber können wir mit dem fossilen Kapitalismus überleben. Bei knapper werdenden Ressourcen ist auch hier der Kipppunkt bald erreicht.
Sollten die gegenwärtigen Kriege sich weiter ausbreiten und die Atomkriegsgefahr weiter steigen, dann steht die Menschheitsfamilie schneller als gedacht am Abgrund!
Alle Kriege beenden! Das ist die Grundvoraussetzung für das Überleben der Menschheit!
Es braucht viel, viel mehr Menschen, die nicht nur ihre eigene Lebensspanne und die der nächsten zwei bis drei Generationen in den Blick nehmen. Wir müssen in langen Zeiträumen denken und entsprechend planen und handeln! Unsere Aufgabe wird es auch sein, in all dem Chaos für die Bewahrung der Menschlichkeit zu kämpfen.
Zum Abschluss erinnerte B.M. an Karl Liebknecht: Wir sollten eine Ethik des „Trotz alledem“ entwickeln.