Beitrag zur Mahnwache am 20. Juni 2024 (Hartmut Drewes, Bremer Friedensforum) Es muss verhandelt werden

Redner Hartmut Drewes
Hartmut Drewes

Heute ist der Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen, der auch in der Bundesrepublik verbunden mit dem „deutschen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung“ in einer Feierstunde heute Mittag begangen wurde.
Gestern brachte der Weser-Kurier einen längeren Artikel über die über 100.000 Flüchtlinge aus Gaza, die in Kairo gestrandet sind. In ihm wird das Schicksal eines Neunzehnjährigen berichtet, der in Gaza einen kleinen Supermarkt betrieb. Nach einem Bombenangriff lag er in Gaza drei Tage unter Trümmern, wurde schwer an Arm und Schulter verletzt und verlor sein rechtes Auge. Er hat kein Geld, lebt in der 23-Millionen-Stadt Kairo die meiste Zeit auf der Straße und weiß nicht, wo er hinsoll.
Dieses Schicksal, verbunden mit viel Leid, erfahren auf der Welt etwa 50 Millionen Menschen, meistens durch Kriege, davon leben in Deutschland allein über eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine und weitere aus anderen Ländern, denen hier allerdings ein Dach über dem Kopf und ein Minimum zum Leben gewährleistet ist. Zugleich aber sind sie für einen Teil unserer Bevölkerung unwillkommenen Gäste, was sie zu spüren bekommen.
Das ist die eine Seite der Kriege, ob im Nahen Osten, in der Ukraine oder anderswo in der Welt. Die andere Seite der Kriege ist, dass sie eskalieren, ja, dass ihre Eskalation massiv betrieben wird, so auch durch die deutsche Regierung. Diese liefert Waffen, sowohl in die Ukraine wie auch nach Israel. Sie heizt damit weiter diese Kriege an. Dabei ist erschreckend, dass Teile der Regierung noch weitreichendere Waffen, so die Taurus-Raketen, nach Kiew liefern möchten, vornan Frau Strack-Zimmermann.

Welche Eskalation Waffen herbeiführen können, zeigte der kürzliche Drohnenangriff der Ukraine auf die russische Stadt Armawir, wo sich zwei russische strategische nukleare Frühwarnradare befinden Beide wurden dadurch außer Kraft gesetzt. Sind diese Frühwarn-Anlagen außer Betrieb, können in acht bis neun Minuten Raketen Moskau erreichen. Dort bräuchte man bis zwei Minuten, um Alarm auszulösen. Das bedeutet, dass die russische Führung nur 6 bis 7 Minuten Zeit hätte, um darauf eine Entscheidung zu treffen. Diese kurze Zeit könnte zu gefährlichen Gegenreaktionen mit Atomraketen führen, durch die ein Teil Europas oder noch mehr in Schutt und Asche gelegt werden könnte. Der norwegische Militärexperte Thord Are äußerte zu diesen Drohnenangriffen Armawir: „Es gibt haufenweise Ziele in Russland, die man mit Drohnen angreifen kann. Und es gibt eine Handvoll Ziele, die man vermeidet, und dies Ziel gehört dazu.

Kürzlich sagte die deutsche Außenministerin: „Sicherheit bedeutet heute auch im Ostseeraum Sicherheit vor und nicht mit Putins Russland.“ Der deutsche Osteuropa-Historiker Wilfried Jilge von der „Deutschen Gesellschaft für ausländische Politik“, die die Bundesregierung berät, behauptete, dass Russland keine Anzeichen mache, verhandeln zu wollen. Man denkt nicht, dass eine Außenministerin und ein Historiker so viel Dummheit von sich geben können.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat Mitte Mai kurz vor seiner Ankunft in China erklärt: „Wir sind offen für einen Dialog über die Ukraine, aber solche Verhandlungen müssen die Interessen aller Länder berücksichtigen, die in den Konflikt involviert sind, einschließlich unserer.“ Und letzten Freitag hat Putin ein weiteres Mal die Bereitschaft Russlands für Gespräche unterstrichen, verbunden mit bestimmten Forderungen.

Der Journalist Reinhard Lauterbach hat kürzlich in der Tageszeitung „Junge Welt“ herausgestellt: „Es war die westliche Seite, die die russische Verhandlungsaufforderung von Ende 2021 zur Wiedererrichtung einer Sicherheitsarchitektur in Europa, die auch russische Interessen berücksichtigen sollte, brüsk zurückgewiesen hat.“

Bernd Fischer vom Bremer Friedensforum hat vor wenigen Tagen in einem Leserbrief im Weser-Kurier geschrieben: „Wie fast jeder Krieg kann auch dieser nur durch Verhandlungen beendet werden. Je früher, desto besser.“ Und in einem anderen Leserbrief des Weser-Kuriers hat Burkhard Philipps das Zitat von Antonio Guterres wiedergegeben: „Ich befürchte, die Welt schlafwandelt in einen größeren Krieg hinein – ich befürchte, sie tut dies mit weitgeöffneten Augen.“ Danach schließt Burkhard Philipps mit den Worten: „Nutzen wir doch unsre einst große Stärke: Verhandeln, verhandeln, verhandeln, da es keine andere Alternative gibt.“
Und Olaf Scholz hat bei der vom Westen organisierten sogenannten „Friedenskonferenz“ vom letzten Wochenende in der Schweiz gesagt, dass bei einer Fortsetzung der Konferenz die Russen dabei sein müssten. Vielleicht ein erster Schritt zur Vernunft, zum Gespräch, zum Verhandeln, zum Frieden.

Ich schließe in diesem Sinne mit den Worten von Bert Brecht: „Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde! Lasst uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche im Mund sind!“
Es muss verhandelt werden.