Orban’s Brief an den EU-Rat …

Der ungarische Regierungschef Victor Orban schreibt einen Brief an den Präsidenten des Europäischen Rates, in dem er konkrete Schritte für die nächste Friedenskonferenz zum Ukrainekrieg vorschlägt

An Victor Orban gibt es wahrlich viel zu kritisieren. Er reiht sich nahtlos ein in die Riege der rechtsradikalen bis faschistoiden Politiker, die europaweit aber auch in den beiden Amerikas immer mehr Einfluss gewinnen. Kann man es gutheißen, wenn dieser Mann eine Initiative ergreift, die Eskalation im Ukrainekrieg zu stoppen und Vorschläge für Verhandlungen und eine Friedenskonferenz macht? Vielleicht sollte man das zumindest mal zur Kenntnis nehmen. In keinem anderen Land der EU hat es so große Friedensdemos gegeben wie in Ungarn. Handelt Orban vielleicht im Auftrag seines Wahlvolkes? Die Forderung von Orban nach Gesprächen und Verhandlungen deckt sich interessanterweise mit der Mehrheitsposition der Bevölkerung in Deutschland, von der sich allerdings Politik und Medien wenig beeinflussen lassen.

Orban führte im Juli Gespräche mit den Staats- und Regierungschefs der Ukraine, Russlands, Chinas, der Türkei und mit dem ehemaligen Präsidenten der USA, Trump.

Seinen Brief an den Präsidenten des Europäischen Rates unterteilt er in 10 Punkte.

Unter 1. schreibt Orban:

„Es lässt sich feststellen, dass die Intensität des militärischen Konfliktes in naher Zukunft radikal eskalieren wird“.

Unter 3.

„Es gibt drei globale Akteure, die in der Lage sind, die Entwicklungen zu beeinflussen: die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und China. Wir müssen auch die Türkei einbeziehen…“.Orban schätzt ein, dass China sich weiter um eine Verhandlungslösung bemühen wird, aber nur, wenn es Aussicht auf Erfolg gäbe. Von den USA erwartet Orban keine Initiativen in dieser Richtung, sondern – zumindest bis nach der Wahl – keine Änderung der Außenpolitik.

Unter 8. bezeichnet Orban die europäische Strategie im Namen der transatlantischen Einheit als eine Kopie der Pro-Kriegspolitik der USA. Er schlägt vor,

„darüber zu diskutieren, ob die Fortsetzung dieser Politik in Zukunft sinnvoll ist. In der gegenwärtigen Situation können wir eine Möglichkeit finden, mit einer starken moralischen und rationalen Basis ein neues Kapitel in unserer Politik aufzuschlagen. In diesem neuen Kapitel könnten wir Anstrengungen unternehmen, um die Spannungen abzubauen und/oder die Voraussetzungen für einen vorübergehenden Waffenstillstand zu schaffen und/oder Friedensverhandlungen zu beginnen.“

(Der 10-Punkte-Plan ist u.a. nachzulesen in der Zweiwochenzeitschrift Ossietzky 14.15/2024)

3 Kommtentare zu “Orban’s Brief an den EU-Rat …

  1. Liebe Leser,
    ich begrüsse den Artikel des Friedensforums, die Initiative von Victor Orban, sich für eine Beendigung des Massensterbens in der Ukraine einzusetzen. Kein anderer Staatschef in Europa macht das. Die deutschen Medien denunzieren ihn seit Jahren. Was ist denn für den Autor des Artikels links und rechtsextrem oder faschistoid ?
    Ich habe darunter immer die politischen Kräfte verstanden, die den Krieg anheizen und versuchen, den Diskurs darüber und andere Themen zu unterdrücken. Dies sind zweifellos die Kräfte, die die Demokratie zerstören wollen – mit einer inzwischen ziemlich durchsichtigen „haltet den Dieb“ Mentalität.

  2. Was ist das für eine Haltung, ernsthaft zu fragen, ob man eine Friedensinitiative unterstützen sollte, obwohl sie von Orban kommt, einem „wahrscheinlich“ viel zu Kritisierenden. Was ist an Orban faschistoid? Wenn ich mir die Politik der EU oder Deutschlands (oder der USA) ansehe, die gegen mindestens 80% der Bevölkerung gemacht wird, deren Protagonisten in feudalistischer Manier ihre, Vasallen gleich, Agenden durchsetzen, frag ich mich, wer hier menschenverachtende Politik macht. Menschenverachtung ist für mich ein Kriterium für Faschismus. Aber scheinbar wird das allgemeine Framing auch vom Autoren brav adaptiert, dass „Kontaktschuld“ – was für ein Unsinn – auch den Inhalt beschmutzt. Ich weiß es kaum in Worte zufassen, wie fassungslos mich diese blinde Meinungsgefolgschaft macht. Es geht um Frieden – haben wir vergessen, dass Krieg NIEMALS ein Weg sein kann? Dass es Menschen sind und keine Monster, die sterben, und dass Krieg für die Antreiber lediglich ein weiteres Geschäft ist – wie Egon Bahr schon sagte, lassen wir uns nichts vormachen, es geht niemals um Menschenrechte, es geht um geostrategische und wirtschaftliche Interessen. Oder Gandhi: es gibt keinen Weg zum Frieden – Frieden ist der Weg!

  3. In einer Zeit, einer Situation, wo unsere „Demokratien“ schamlos die Eskalation anheizen, ohne Rücksicht darauf, dass Europa kurz davor stehen könnte, in Flammen aufzugehen, ist die Initiative von V. Orban m.E. nachhaltig zu unterstützen. Die Kommentare aus Bundespolitik und EU zu seiner Initiative sind dumm, gehässig, blind und aus dem geopolitischen Eigeninteresse gespeist, aus der Konkursmasse bzw. dem Wiederaufbau der Ukraine selbst ein Kuchenstück abzubekommen (Stichwort Blackrock). Es ist ebenfalls nicht richtig, die verschiedenartigen demokratischen Regime gegeneinander auszuspielen und die Spielregeln z.B. in Ungarn mit „faschistoid“ zu brandmarken. Das steht uns nicht zu. In der Frage Krieg und Frieden kann es niemals darum gehen, ob man in dem betreffenden Land, seien es Ungarn, Russland, China oder Nordkorea, selbst leben möchte oder ob dieses Land eine Demokratie gemäß der eigenen Vorstellung ist. Das wird häufig unzulässig vermischt. Hinzu kommt: „Wir“ sind keinesfalls die „Guten“, wenn wir -etwas bescheidener- unser eigenes Land anschauen.
    Der Artikel ruft im Kern dazu auf, Orbans Initiative nicht als ernsthaftes Bemühen zu werten.
    Und das in einer Zeit, wo nichts so wichtig ist wie Gespräche, um das Morden zu stoppen, welches -haben wir das vergessen?-
    2014 von unserer Muster-Demokratie USA durch den von ihr orchestrierten blutigen Staatsstreich in Kiew begann und wie eine vorhersehbare Kettenreaktion alles andere nach sich zog.

    Hans-Eberhard Scherer

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