Deutschlandfunk: Gaza steht vor einer Hungerkatastrophe

Im Gazastreifen droht nach UN-Angaben unmittelbar eine Hungerkatastrophe. Wegen der israelischen Blockade gelangen seit 60 Tagen keine Hilfsgüter mehr in das palästinensische Gebiet. Kritiker werfen Israel vor, Hunger als Waffe einzusetzen.

Deutschlandfunk, Informationen am Mittag – Meier, Bettina | 28. April 2025, 13:13 Uhr

 

Für die Menschen im Gazastreifen scheint es derzeit keinen Ausweg aus der alltäglichen Hölle zu geben.

Auch heute starben wieder Menschen bei Angriffen Israels auf den Norden des Küstenstreifens.

Und die vor einigen Monaten kurzzeitig verbesserte Versorgungslage hat sich in den letzten Wochen durch erneute israelische Blockaden von Lebensmittellieferungen in das dicht besiedelte Gebiet wieder katastrophal verschlechtert.

Zugeschaltet aus Tel Aviv ist unsere Korrespondentin Bettina Meyer.

Was ist über diese jüngsten israelischen Angriffe im Norden des Gazastreifens bekannt?

Ja, man muss leider sagen, dass es sich nicht nur auf den Norden des Gazastreifens beschränkt hat. Es hat im gesamten Gazastreifen wieder Angriffe gegeben. 

Insgesamt, so meldet es zumindest, das muss man unter Vorbehalt sagen, das Hamas-geführte Gesundheitsministerium, das in den letzten 24 Stunden 51 Tote in Krankenhäuser, in den gesamten Gazastreifen eingeliefert wurden.

Es stechen vor allen Dingen einige Angriffe heraus, zum Beispiel auf ein Zelt in der südlichen Stadt Ranyunis, wo acht Tote gemeldet wurden, darunter auch drei Kinder und zwei Frauen, die einfach dort gespielt haben sollen.

Oder auch im zentralen Gazastreifen, im Flüchtlingslager Dierralbalach, wo vier Menschen ums Leben gekommen sind bei Angriffen.

Aber man muss leider sagen, dass das an der Tagesordnung ist.

Ich war erst vor einigen Tagen rund um den Gazastreifen unterwegs.

Und von dort aus kann man ja diesen unglaublichen Trümmerhaufen, vor allen Dingen im Norden, sehen mit bloßem Auge.

Und immer wieder sind dort Rauchsäulen aufgestiegen von den Luftangriffen.

Das ist also tatsächlich hier an der Tagesordnung.

Täglich sterben hier wirklich viele Menschen.

Und dazu kommt ja noch die Blockade.

Also seit 60 Tagen können keine Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen.

Und eine Hungerkatastrophe ist dort wirklich sehr nah.

Und was für ein humanitäres Gesamtbild zeigt sich deshalb gerade im Gazastreifen?

Das ist ja wirklich eine ganz katastrophale Situation dort.

Also so wie wir es hören von Menschen, mit denen wir Kontakt dort haben, weil wir als Journalisten selbst seit Kriegsbeginn nicht selber hineinkommen, um das auch zu sehen und dort zu berichten.

Aber wir hören wirklich von katastrophalen Zuständen, dass dort jetzt seit 60 Tagen eben keine Hilfsmittel reinkommen, dass die Menschen versuchen, Brotkrumm von den Straßen zu sammeln, um noch etwas zu essen zu finden, dass die Märkte mittlerweile unglaublich hohe Preise haben.

Die Preise sind stark nach oben gegangen, eben wegen der Knappheit.

Also vielleicht um ein Beispiel zu nennen, wenn man überhaupt noch Tomaten findet, dann 12 Euro ungefähr pro Kilogramm.

Früher waren das mal so ungefähr 90 Cent pro Kilogramm.

Das kann sich in Gaza keiner mehr leisten.

Ja, und das ist überhaupt die Frage, wo es überhaupt noch Essen gibt.

Märkte werden geschlossen.

Es werden jetzt auch wohl die letzten Suppenküchen, die noch geöffnet waren,  die noch versorgt wurden mit Restbeständen aus Lagern, die sollen jetzt in den nächsten Tagen auch kein Essen mehr haben.

Also es droht scheinbar, so sagt es auch die UN, eine unmittelbare Hungerkatastrophe.

Israel wird von Kritikern ja vorgehalten, hier Hunger als Waffe einzusetzen.

Und umgekehrt setzt die islamistische Terrororganisation Hamas seit Jahren darauf, die eigene Bevölkerung als Schutzschild zu nehmen.

Das Ergebnis ist diese humanitäre Katastrophe.

Gibt es irgendwelche Ansätze, diese Dramatik aufzulösen?

Das ist einfach eine ganz verzwickte und verfahrene Situation, weil beide Seiten immer wieder betonen, sie würden alles tun, um die Situation zu lösen.

Aber das Ergebnis ist, dass nichts vorankommt.

Auch jetzt hat es wieder in der vergangenen Woche Verhandlungsversuche in Katar gegeben, wo auch vom israelischen Geheimdienst der Chef sogar angereist ist.

Aber auch hier, das hat bisher nichts gebracht.

Und momentan steckt es eben hier fest, die Hamas weigert sich, die noch in Gaza verbliebenen 59 Geiseln, muss man sagen, die dort noch sind, herauszugeben.

Darunter sollen noch 24 etwa leben.

Wir haben hier fast tagtäglich neue Terror-Videos, wo man ihren katastrophalen Zustand auch sieht.

Also die Hamas weigert sich, dort sie rauszugeben, wenn es nicht ein komplettes Ende des Krieges gibt.

Und Israel weigert sich, dem kompletten Kriegsende zuzustimmen und beschuldigt der Hamas, die Geiseln eben festzuhalten.

Und hat auch Vorschläge vorgelegt, zum Beispiel für 10 Geiseln und 45-tägige Feuerpause nochmal anzubieten.

Aber das hat die Hamas zuletzt abgelehnt.

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