Das Ende des Krieges durch seine Fortsetzung?

Wie sind die Ergebnisse des Treffens von Trump und Putin einzuschätzen? Noch mehr Fragen gibt es zu den Ergebnissen der europäischen Delegationsreise in die USA. Die europäischen Politikverantwortlichen schwanken zwischen Frust und Hoffnung, ihren Eskalationskurs aufrecht halten zu können.

Als Diskussionsangebot veröffentlichen wir einen Artikel von Gerhard Mersmann vom 19. August 2025 auf form 7 

„Es wird wieder einmal viel Spekulatius gegessen im politischen Gewerbe hierzulande, um einmal eine neue Metapher für das kohärent Spekulative, welches das Gewerbe durchzieht, einzuführen. Was haben wir nach dem Treffen von der europäischen Delegation im Anhang Selenskyj mit dem amerikanischen Präsidenten nicht alles gehört? Da wurden Belanglosigkeiten erzählt. Da ging es um die von Trump gelobte Sommerbräune des deutschen Bundeskanzlers oder die Sitzpositionen der engsten Trump-Berater. Und im Fernsehen zitierte der wohl gewichtigste US-Korrespondent des ZDF die Washington Post als seine geheime Quelle. Da mag so mancher Zeitgenosse, der auch nur rudimentär das Weltgeschehen aus verschiedenen Quellen nachzuverfolgen sucht, der Frage erlegen sein, ob er schon wieder gegen seinen ausdrücklichen Willen in einem Komödienstadel gelandet ist.

Doch zur Sache. Problematisch wird es, wenn man seinem eigenen Narrativ so verpflichtet ist, dass man das, was vor sich geht, nicht begreift. Man hätte nur in Moskau noch einmal nachfragen müssen. Da braucht man nicht einmal versteckte Informanten. Russland geht es um strategische Tiefe. Nach verschiedenen historischen Invasionen mit für das Land verheerenden Folgen will man potenzielle Gegner nicht schwer bewaffnet an der Grenze stehen haben. Das ist rational wie nachvollziehbar. Und dass der Versuch, dem Bären auf den Pelz zu rücken mindestens mit einer blutigen Nase, wenn nicht gar mit dem eigenen Untergang endet, steht nicht nur in den Geschichtsbüchern, sondern wird durch die Tagesnachrichten von Neuem belegt.

Wenn sich nun, allen voran der deutsche Bundeskanzler, an den amerikanischen Präsidenten wendet, und darlegt, man müsse die Ukraine robust, d. h. mit allen möglichen militärischen Mitteln schützen, dann hat er die Ursache des Krieges nicht verstanden. Wer glaubt, Russland ließe sich eine direkt mit NATO-Truppen militarisierte Ukraine als Ergebnis eines Krieges, den es gewonnen hat, schmackhaft machen, ist bereits dem durch zu viel Spekulatius-Konsum verursachten Zuckerschock erlegen. Eine noch stärkere Form der Aufhebung strategischer Tiefe als Resultat nach der eigenen Intervention ließe nur den Schluss zu, dass man in Moskau den Verstand verloren hat.

Hört man sich z. B. den US-amerikanischen Außenminister Rubio genau an, dann bekommt man das unweigerliche Gefühl des Neides. Denn da spricht jemand, der etwas von Strategie wie von Diplomatie versteht. Er versucht sich in die Interessenlage der Konfliktparteien hineinzuversetzen und sucht nach Schnittmengen, die einerseits den beiderseitigen Interessen nahe kommen und andererseits die realen Kräfteverhältnisse berücksichtigen. Das ist bei den Protagonisten, die den Titel nicht verdienen, mit denen wir allerdings im besten Deutschland aller Zeiten täglich konfrontiert werden, in keiner Weise vorhanden. Sie gehen davon aus, dass in Moskau per se das Böse zu Hause ist und dort niemand bis drei zählen kann. Außer einer unbeschreiblichen Menge an krimineller Energie ist in den Augen der deutschen Hinterbänkler, die im allgemeinen Drama vorne auf die Bühne gespült wurden, nichts in Russland zu finden.   

Dass mit einem derartigen Konsortium kein Frieden erreicht werden kann, wird man in Washington zur Kenntnis genommen haben. Das war die Routine, die Trump noch brauchte, um den russischen Standpunkt zu verstehen. Das ist in Washington und in Moskau angekommen. Nur in der europäischen Delegation ist man allen Ernstes der Meinung, durch die Fortsetzung des Krieges könne man ihn beenden. Das ist schon tragisch.“

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