Volkert Ohm – Rede bei der Kundgebung des Fahrrad-Korsos gegen die US-Blockade gegen Cuba in Bremen am 2. November 2024
Das Leben des kubanischen Volkes ist seit zwei Generationen geprägt von fortwährender wirtschaftlicher Strangulierung durch das US-amerikanische Embargo. Die daraus resultierenden katastrophalen Entbehrungen und Einschränkungen sind für uns im relativen Wohlstand lebende Deutsche kaum zu ermessen.
Das Embargo ist nichts anderes als ein verdeckter Krieg, mit dem die USA einen Sturz der kubanischen Regierung bewirken will. Die Nachdenkseiten zitierten dafür beispielhaft den einstigen US-Staatssekretärs für Auswärtige Angelegenheiten, Lester Malory, der sich bereits 1960 für die Verhängung einer Blockade gegen Kuba aussprach und dies wie folgt begründete „Die einzige Möglichkeit, der (kubanischen) Regierung die Unterstützung im Inland zu entziehen, besteht darin, Enttäuschung und Entmutigung durch wirtschaftliche Unzufriedenheit und Nöte zu provozieren (…) Es sollte sofort jedes mögliche Mittel eingesetzt werden, um das Wirtschaftsleben zu schwächen (…) Kuba Mittel und Lieferungen zu verweigern, um die nominalen und realen Gehälter zu senken, mit dem Ziel, Hunger, Verzweiflung und den Sturz der Regierung zu provozieren.“
Das aggressive Vorgehen der USA verstößt in zweifacher Hinsicht gegen geltendes Völkerrecht. Zum einen verletzt es Menschenrechte der kubanischen Bevölkerung: die Menschenrechte auf Leben und Gesundheit und das Menschenrecht auf Entwicklung ihrer Wirtschaft und Gesellschaft. Zum anderen verletzt es die Souveränität ihres Staates und das Verbot, sich in die inneren Angelegenheiten der Regierung einzumischen. Das Verbot der Einmischung und Intervention ist ein seit langem anerkanntes und verbindliches völkerrechtliches Prinzip, das nicht nur von den USA, sondern auch von Deutschland und anderen Mitgliedstaaten der EU durch Verhängung von Sanktionen missachtet und verletzt wird. Ich erinnere beispielhaft an Sanktionen gegen Venezuela, gegen Syrien, den Irak und den Iran.
Diese Verletzungen des Völkerrechts wurden und werden seit Jahrzehnten von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gerügt. Insbesondere das Embargo gegen Cuba hat sie jährlich durch Resolutionen verurteilt und eine sofortige Aufhe-bung des Embargos gefordert. Die jüngste wurde erst vor drei Tagen verabschiedet mit nur zwei Gegenstimmen´, nämlich der USA und Israels.
Deutschland und die EU haben sich der Forderung nach Beendigung des Embargos zwar angeschlossen, jedoch über die ganzen Jahre hinweg keine praktischen Schritte unternommen, um ihr den notwendigen Nachdruck zu verleihen. Ein Ausschuss des Europäischen Parlaments hat zwar ein Expertengutachten erstellen lassen, welches die vielen Wege aufzeigt, mit Prozessen und anderen Rechtsmitteln gegen das US-Embargo vorzugehen. Kein einziges der möglichen Rechtsmittel ist jedoch von einem der EU- Mitgliedstaaten genutzt worden.
Ein Reporter der Nachdenkseiten stellte vor einem Jahr in einer Bundespressekonferenz die Frage, welche konkreten Maßnahme die Bundesregierung treffe, um der Forderung der UN-Generalversammlung Nachhall zu verschaffen und den stetigen Bruch des Völkerrechts durch die US-Regierung zu stoppen. Die Regierungssprecherin antwortete ausweichend: „Die Bundesregierung hat sich in der Abstimmung so verhalten, wie sie sich verhalten hat. Das ist die Ansicht der Bundesregierung. Mehr ist dazu im Moment nicht zu sagen.“
Der Sicherheitsrat der UN wäre berechtigt Zwangsmaßnahmen gegen die USA zu verhängen, ist aber durch seine Zusammensetzung und das Vetorecht gelähmt, solche notwendige Entscheidung zu treffen. Zu Recht wird deshalb vor allem von den Staaten des Globalen Südens eine Reform der UN und speziell des Sicherheitsrates angestrebt. Sie ist überfällig, um den Dekolonisierungsprozess voranzubringen. Einstweilen bleibt dem kubanischen Volk auch noch die Hoffnung auf eine solidarische Unterstützung durch die BRICS-Staaten. Kuba ist auf dem Gipfeltreffen in Kazan als assoziiertes Partnerland aufgenommen worden.
Die Gipfelkonferenz in Kazan hat eine Erklärung verabschiedet mit dem Titel Stärkung des Multilateralismus, für eine gerechte Globale Entwicklung und Sicherheit. Darin heißt es:
„Wir bekräftigen, dass die einseitigen Zwangsmaß-nahmen, unter anderem in Form von einseitigen Wirtschaftssanktionen und völkerrechtswidrigen Sekundärsanktionen, weitreichende Auswirkungen auf die Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Entwicklung … haben, wobei die Armen und Menschen in prekären Situationen unverhältnismäßig stark betroffen sind. Daher fordern wir ihre Abschaffung.“
Hoffen wir, dass diese Worte in materielle Unterstützung münden. Ich zitiere dazu Ernesto Che Guevara:
„Wir müssen jeden Tag dafür kämpfen, dass diese Liebe zur lebendigen Menschheit in konkrete Taten umgesetzt wird.“
Fotos: Hartmut Drewes