Gestern, am 8.7.2025 war „Mayor’s for Peace – Day 2025“, ein internationaler Aktionstag gegen Atomwaffen. Obwohl der Tag von einem Bündnis international vernetzter Bürgermeister (auch Bremen ist beteiligt) getragen wird, waren in Bremen leider keine ‚offiziellen‘ Vertreter:innen anwesend – so übernahmen Engagierte aus der Friedensbewegung. Wir dokumentieren die Rede von Rudolf Dibbern:
Sehr geehrte Anwesende, liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde.
Mein Name ist Rudolf Dibbern, und ich bin Mitglied der Friedensinitiative in der Kirchengemeinde Unser Lieben Frauen.
Ich kann jedoch nicht für die Gemeinde sprechen, was ich bedaure. Und ich kann auch nicht sprechen für die Bremische Ev. Kirche, was ich auch bedaure. Und ebenso wenig kann ich sprechen für die Ev, Kirche in Deutschland, leider.
Also spreche ich für mich selber, weil nämlich die Gemeinde, die Landeskirche und die EKD zu etlichen himmelschreienden Problemen unserer Gegenwart schweigen! Und das Schweigen ist so laut, dass es mir in den Ohren dröhnt.
Atomwaffen sind Massenvernichtungswaffen! Bei einem Einsatz vernichten sie massenhaft und flächendeckend alle Lebensgrundlagen und zwar ohne Unterschied. Sie zerstören und vernichten das Leben von unschuldigen Kindern, von Frauen und Männern, Jungen und Alten, Tieren und Pflanzen, und sie verseuchen mit ihrer Strahlung alle Lebensräume auf unabsehbare Zeit.
Und dazu sagt meine eigene evangelische Kirche nicht mit lauter Stimme NEIN! Dieses Schweigen verharmlost die Gefahren. Dieses Schweigen verstößt gegen die biblische Botschaften von Frieden, Gerechtigkeit und den Auftrag, die Schöpfung zu bewahren.
Allgegenwärtig ist die Rede von der Notwendigkeit der atomaren Abschreckung. Das klingt so harmlos, als wäre die Androhung mit der Vernichtung eines möglichen Gegners zusammen mit der Vernichtung aller
Lebensgrundlagen eine Art Computerspiel. Aber das ist es nicht. Wer auch nur mit dem Einsatz von Atomwaffen droht, ist auch bereit, die Vernichtung nicht nur eines möglichen Gegners, sondern auch die eigene zu befürworten. Ich sage dazu Nein! Ich erhebe meine Stimme gegen den Geist, gegen die scheinbare Logik und die propagierte Praxis der atomaren Abschreckung ! Wenn hier nicht NEIN gesagt wird, wenn hier meine eigene Kirche nicht klar und laut und unmissverständlich NEIN sagt, dann verliert sie ihre Glaubwürdigkeit, weil sie ihr Fundament verrät.
Und ebenso verliert die Politik ihre Glaubwürdigkeit, denn sie verpflichtet sich z.B. nach jeder Wahl, Schaden vom deutschen Volk nach bestem Wissen abzuwenden. Beim Festhalten an der atomaren Teilhabe geschieht aber genau das nicht.
Ich wohne seit fast 10 Jahren hier in Bremen, und als ich wahrgenommen habe, dass Bremen schon seit 1984 als eine der ersten deutschen Städte zu den „Mayors for Peace“ gehört, hat mich das stolz gemacht, Bürger Bremens geworden zu sein. Und auch die Bürgerschaft bekennt sich zu einer Welt ohne Atomwaffen. Aber was folgt aus diesem Bekenntnis neben dem Hissen der grünen Flagge am Rathaus 1x im Jahr am 8.Juli?
Die Zugehörigkeit zu den „Mayors for Peace“ bleibt bislang noch ein Papiertiger, abgeheftet zwischen Aktendeckeln. Gut 900 Mayors in Deutschland und über 8000 weltweit wären doch ein machtvolles Netzwerk, das sich aktiv für atomare Abrüstung und weltweite Rüstungskontrolle stark machen könnte. Und auch dafür, dass die inzwischen gekündigten Verträge zur Rüstungskontrolle und -begrenzung wieder neu zustande kommen.
Die Gefahr eines Atomkrieges auch aus Versehen, durch fehleranfällige Frühwarnsysteme und immer schnellere Raketen und kürzere Reaktionszeiten, die Gefahr eines alle vernichtenden atomaren Infernos sind heute viel größer als noch in den 80ger Jahren. Und auch damals schon wurden wir nur durch viel Glück und mutiges Eingreifen Einzelner vor der gegenseitigen gemeinsamen Vernichtung bewahrt.
Ich erhebe heute meine Stimme, damit wir nicht immer weiter aufrüsten, um „kriegsfähig“ zu werden, wie unser Verteidigungsminister vehement fordert. Ich will nicht kriegsfähig werden! Ich will friedensfähig sein und bleiben und will eintreten für eine Verminderung von Drohpotential. Ich erhebe meine Stimme für Versöhnung und Völkerverständigung und gegen eine Zementierung von Freund-Feind-Bildern. Das sind Ziele, für die es sich lohnt, sich zu engagieren. Und das ist weder naiv noch realitätsfern.
Von der Friedensinitiative haben wir uns über das deutsche Büro der „Mayors for Peace“ in Hannover an Hiroshima gewandt und um Samen von einem Ginkobaum gebeten, der den Atombombenabwurf überlebt hat.
Zwei Setzlinge aus diesen Samen befinden sich inzwischen in einer Baumschule in Westerstede und wachsen dort ihrer Zukunft entgegen, die sie hier in unserer Stadt haben sollen. Sie werden ein lebendiges Zeichen und Mahnmal sein und erinnern, dass niemals wieder Atomwaffen eingesetzt werden dürfen.
Die gegenwärtige massive Aufrüstung und Äußerungen unseres Kanzlers, dass Deutschland die stärkste Armee Europas haben und Führungsmacht werden müsse, halte ich für einen absoluten Irrweg. Gerade wir als Deutsche mit unserer imperialen und militaristischen Vergangenheit, die die ganze Welt beherrschen wollte, gerade wir sollten unser Hauptaugenmerk darauf richten, Frieden zu stiften, Konflikte zu begrenzen und Abrüstung und Rüstungskontrolle voran zu treiben. Das kann aber nur gelingen, wenn Gespräche versucht werden, nicht 1x oder 2x oder 3x, sondern beharrlich immer wieder. Gerade wir Deutschen dürfen nicht kriegstüchtig werden, denn das führt unweigerlich zum Krieg!
Nur Verhandlungen und das Festhalten an der UN-Charta und an internationalen Prinzipien können zu einem dauerhaften Frieden führen.
Dafür erhebe ich meine Stimme.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.