Keine Abschiebung aus Kirchenasyl!

Aus aktuellem Anlass dokumentieren wir einen Brief vom 3.12. des Pastors der Neustädter Zion-Gemeinde, in der zurzeit die Abschiebung eines jungen Somaliers durch die bremische Innenbehörde droht:

Liebe Menschen,

letzte Nacht hat die Polizei versucht, mit einem massiven Aufgebot einen jungen Mann aus Somalia, der bei uns im Kirchenasyl ist, aus dem Gemeindezentrum Zion herauszuholen. Zum Glück waren viele Unterstützer*innen vor Ort und wir konnten durch unsere Präsenz die Abschiebung verhindern. Die Polizei musste angesichts der vielen Personen und des zu erwarteten Aufwands ihr Vorhaben abbrechen. Vielen Dank an alle, die in der Nacht da waren!

Für uns als Gemeinde ist das ein Schock. Seit Jahrzehnten gewähren wir in bestimmten Fällen bedrohten Personen Kirchenasyl und haben immer vertrauensvoll mit den Behörden und zuständigen Stellen zusammengearbeitet. Nahezu alle Kirchenasyle konnten „erfolgreich“ abgeschlossen werden, sodass die Geflüchteten hier in Deutschland legal ihren Asylantrag stellen konnten. Diese gute Zusammenarbeit ist nun durch die Innenbehörde aufgekündigt worden. Es ist das erste Mal (zumindest seit über 25 Jahren), dass in Bremen Menschen aus dem Kirchenasyl herausgeholt werden sollten.

Die Überstellungsfrist für den jungen Mann aus Somalia endet am Sa. 07.12., danach ist er sicher in Deutschland. Die Auflagen sehen vor, dass er sich bis einschließlich Samstag von 22:00-09:00 Uhr in Zion aufhalten muss. Das hat er gestern auch unterschrieben. Wir befürchten, dass die Behörden diese Woche einen weiteren Versuch starten werden, das Kirchenasyl zu beenden. Deshalb werbe ich für die nächsten Tage um Unterstützung und freue mich, wenn möglichst viele die Nächte in Zion verbringen. Wir haben im Kirchraum ein großes Nachtlager aufgeschlagen, wo ihr euch mit Schlafsack und Isomatte/Luftmatratze hinlegen könnt und im Alarmfall schnell zur Stelle seid.

Heute Abend gibt es ab 20:00 Uhr ein Plenum, wo alle noch einmal auf den neusten Stand gebracht werden und weitere Verabredungen getroffen werden. Ab 22:00 Uhr beginnt die kritische Phase, in der ein erneuter Abschiebeversuch starten könnte. Meistens geschehen diese Maßnahmen zwischen 03:00-04:00 Uhr in der Nacht. Wer nicht übernachten möchte, kann natürlich auch einfach vorbeikommen und etwas Essen oder Trinken spendieren oder so lange im Haus bleiben, wie ihr Zeit und Kraft habt. Wir werden den jungen Mann aus Somalia weiter schützen und in den Nächten bis Samstag präsent bleiben.

Über unseren konkreten Fall hinaus ist zu befürchten, dass in Bremen das Kirchenasyl in Zukunft von den Behörden nicht mehr akzeptiert wird. Wir finden das alarmierend und sind betroffen von dieser Entwicklung. Für uns steht der Schutz und die Unterstützung von konkreten Menschen in Not im Vordergrund. Uns scheint, dass das liberale Bremen seine Zurückhaltung aufgibt und sich dem Trend anpasst, gegen Geflüchtete zu agieren und zu agitieren. Als Kirchengemeinde setzen wir uns dafür ein, auch weiterhin Menschen ins Kirchenasyl nehmen zu können und ihnen damit einen angemessenen Schutzraum zu geben.

Soweit für heute. Es wäre toll, wenn wir in den Nächten so viele werden, dass der Polizei eine Abschiebung nicht möglich ist – und das Kirchenasyl wirklich ein Kirchenasyl bleibt!

Herzliche Grüße,
euer Thomas

Thomas Lieberum
Pastor
Vereinigte Ev. Gemeinde Bremen-Neustadt
Gemeindezentrum Zion
Kornstraße 31, 28201 Bremen
0421-59769521
thomas.lieberum@kirche-bremen.de
www.gemeinde-neustadt.de

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